Arvo Pärt - weltbekannter estnischer Komponist

Quelle: Birgit Püve, Visit Estonia

Arvo Pärt - weltbekannter estnischer Komponist

Björk, Sigur Rós, Thom Yorke von Radiohead, Nick Cave, PJ Harvey und Rufus Wainwright haben alle etwas gemeinsam: Sie sind Fans von Arvo Pärt. Pärt ist vielleicht der international bekannteste Kulturexport Estlands. Seine Musik hat Musiker auf der ganzen Welt während des letzten halben Jahrhunderts beeinflusst, und seine Beiträge zur modernen Musik werden noch Jahrzehnte, wenn nicht Jahrhunderte, nachhallen.


Der estnische Komponist Arvo Pärt im Jahr 2011

Foto: Birgit Püve, Arvo Pärt Zentrum


Die frühen Jahre Arvo Pärts

Arvo Pärt wurde in Paide, einer kleinen Stadt in Mittelestland, geboren und zog als kleiner Junge nach Rakvere in Nordestland. Er begann früh Klavier zu spielen und studierte später Musik am Tallinner Konservatorium, der heutigen Estnischen Akademie für Musik und Theater. In den 1960er Jahren wurde Pärt zu einem beliebten Komponisten, dessen Musik in mehreren estnischen Filmen zu hören ist.

Die späten 60er und frühen 70er Jahre waren für Pärt eine Zeit großer innerer Zerrissenheit und Introspektion. Er vertiefte sich in die Polyphonie der Renaissance und den gregorianischen Gesang. Er heiratete und trat in die orthodoxe Kirche ein. Pärt verbrachte diese Zeit suchend, wie er sagt. Da er das Gefühl hatte, dass die traditionellen musikalischen Mittel, die ihm zur Verfügung standen, nicht ausreichten, um das auszudrücken, was er ausdrücken wollte, musste er für sich einen neuen Ansatz finden. Er selbst beschrieb es einmal so: Er hatte lange Zeit den Eindruck, Suppe mit einer Gabel oder Fleisch mit einem Löffel zu essen.

Der junge Arvo Pärt mit Fahrrad

Diese Skulptur zu seinen Ehren findet sich auf dem Zentralen Platz in Rakvere. Sie heißt offiziell "Junger Mann mit Fahrrad, der der Musik lauscht".

Foto: Elvis Antson, Visit Estonia


Tintinnabuli und die Emigration aus Estland

Der Durchbruch gelang ihm 1976 mit dem Klavierstück Für Alina. Er schrieb es nach einer Reihe selbst aufgestellter Kompositionsregeln, die er „Tintinnabuli" nannte. Beispielsweise kombinierte er zwei Klanglinien zu einer einzigen: eins plus eins sei eins! Der Tintinnabuli-Stil ist auch für seine nachklingenden Töne bekannt, wie die Schwingungen, die nach dem Anschlagen einer Glocke in der Luft schweben. Für Alina und Spiegel im Spiegel von 1978 sind immer noch zwei seiner bekanntesten Stücke.

Ein Großteil von Pärts Musik ist sakral, inspiriert von liturgischen Texten und eigenen mystischen Erfahrungen. Dies war während der sowjetischen Besatzung Estlands, als die Behörden versuchten, offene Bekenntnisse zum christlichen Glauben zu unterdrücken, ein Tabu. Die Obrigkeit hielt Pärt auch für zu sehr vom Westen beeinflusst; denn dort fand er zunehmend Gehör und wurde immer öfter lobend erwähnt. Die sowjetischen Behörden zwangen Pärt und seine Familie schließlich 1980 zur Emigration aus Estland.

Nachdem sie einige Zeit in Wien verbracht hatte, zog die Familie schließlich nach Berlin, wo sie fast drei Jahrzehnte lang lebte. Dort genoss Pärt kreative Freiheit und komponierte weiter. Zu seinem vielfältigen Schaffen gehören Orgelstücke, Kammermusik, Orchestermusik, Sinfonien, Werke für Chöre und Solisten sowie A-cappella-Chormusik.


Rückkehr in die Heimat

Weltweit gefeiert: Arvo Pärt

Im Jahr 2022 war Arvo Pärt einmal mehr der meistgespielet lebende Komponist der Welt.

Foto: Jelena Rudi, Estnische Akademie für Musik und Theater

2010 kehrten Arvo Pärt und seine Familie nach Estland zurück. Nach ihrer Rückkehr nach Estland gründeten sie das Arvo-Pärt-Zentrum, um Pärts persönliches und berufliches Archiv zu bewahren und eine Begegnungsstätte zu schaffen – für Musiker und alle, die sich für sein Werk und seine musikalische Welt interessieren.

Laut einer Statistik der Klassik-Website Bachtrack stand Pärt im gesamten letzten Jahrzehnt an der Spitze der meistgespielten zeitgenössischen Komponisten.


Besuch des Arvo Pärt Zentrums

Das Arvo-Pärt-Zentrum befindet sich in Laulasmaa, einem Küstendorf etwa 35 Kilometer westlich von Tallinn – am besten erreichbar mit dem Auto, es gibt aber von Tallinn aus auch eine Busverbindung. Um vom Parkplatz zum Zentrum zu gelangen, folgt man einem Weg durch den Wald, der einen immer tiefer in die Natur zu führen scheint. Im Sommer können Sie hier dem Gesang der Vögel lauschen, im Winter die schneebedeckten Kiefern bewundern. Zu jeder Jahreszeit beginnt man, wenn man sich dem Gebäude nähert, zu verstehen, warum Pärt in seinen Kompositionen so viel Wert auf Stille legt.

Das Gebäude setzt Glas, Holz und Beton in einen Dialog mit dem umgebenden Wald. Es gibt keine rechten Winkel, so dass ein Raum in den nächsten überzugehen scheint.

Im Inneren führt ein Video in Pärts Leben und Werk ein, und man kann einem Audioguide lauschen, während man den Ausstellungsbereich erkundet. Außerdem gibt es eine kleine orthodoxe Kapelle in einem der Innenhöfe, eine Bibliothek, einen intimen Konzertsaal mit 150 Plätzen und ein Café. Ein Aussichtsturm erhebt sich über die Bäume. Wenn der Turm in den wärmeren Monaten geöffnet ist, können Sie von oben einen Blick auf die Ostsee aus der Vogelperspektive genießen.

Im Arvo-Pärt-Zentrum finden das ganze Jahr über Konzerte von Weltrang und wissenschaftliche Vorträge statt. Echte Fans sollten im September nach Estland kommen, um die Pärt-Tage zu erleben, die mit einer Reihe von Konzerten in ganz Estland gefeiert werden.

Unser Autor Felix Hau hat seine Erlebnisse beim ersten Besuch des Arvo Pärt-Zentrums für uns beschrieben.


Was man in Laulasmaa und der Umgebung unternehmen kann

Das Arvo-Pärt-Zentrum befindet sich passenderweise in Laulasmaa, was auf Estnisch "singendes Land" bedeutet. Der Ort hat seinen Namen vom "singenden" Sand des Strandes, der so heißt, weil er tatsächlich Töne erzeugt, wenn man mit nackten Füßen darauf läut. Der Strand von Laulasmaa ist lang und nicht überfüllt, und es gibt einen Surfclub für Wassersportler.

Der "singende Sand" am Strand von Laulasmaa

Foto: Laulasmaa Spaa Hotell / Visit Estonia

Etwa einen Kilometer vom Zentrum entfernt befindet sich das LaSpa Laulasmaa. Dieses SPA-Resort bietet Hotelzimmer, eine großzügige Pool- und Saunalandschaft und das Wicca, eines der wenigen Restaurants außerhalb Tallinns, das in der estnischen Ausgabe des MICHELIN-Führers 2022 aufgeführt ist.

Nur eine kurze Autofahrt entfernt stößt man auf einen der besten Golfplätze im Baltikum: Niitvälja Golf. Ganz in der Nähe liegen außerdem der Treppoja-Wasserfall, der Keila-Wasserfall und Schloss Fall, ein luxuriöses Boutique-Hotel, Restaurant und Museum im renovierten Schloss Keila-Joa.

Obwohl Laulasmaa so nahe liegt, dass man von Tallinn aus leicht einen Tagesausflug dorthin unternehmen kann, scheint es aufgrund der Schönheit und Ruhe der Natur eine Welt für sich zu sein. Bei einem Besuch können Sie Estland mit Pärts Augen erleben: ein Land, das zum Schauen, zum Nachdenken, zur Wertschätzung der kleinen Wunder einlädt und das Ihnen Zeit lässt, alles im eigenen Rhythmus zu erkunden.

Arvo Pärts Sohn Michael hat es in einem Interview mit Bachtrack am besten ausgedrückt: "Es ist so leicht, sich ablenken zu lassen, den Fokus zu verlieren ... bei all dem täglichen Lärm, der in uns ist. Hier draußen [in Laulasmaa], im Wald ... erlebt man die Stille um sich herum. Der Zuhörer ist im Einklang mit der Umwelt."

Zuletzt aktualisiert: 30.01.2023

Thema: Nordestland, Geschichte & Kultur