Essen in Estland: Eine Einführung in die estnische Küche

Quelle: Mart Vares, Visit Estonia

Essen in Estland: Eine Einführung in die estnische Küche

Die Esten haben eine enge Beziehung zu ihren Lebensmitteln. Sie wollen möglichst genau wissen, woher alles kommt und bevorzugen frische lokale oder regionale Produkte. Dies ist einer der Gründe dafür, dass die estnische Küche, ob traditionell oder modern, eine so starke Verbindung zu den wechselnden Jahreszeiten und der heimischen Erde hat.


Natürlich ist Estland auch ein modernes Reise- und Gourmetland. Hier verschmelzen verschiedene Stile miteinander und es werden ständig neue Aromen und Kombinationen entwickelt. Um die ganze Bandbreite der estnischen Küche zu erahnen und zu verstehen, muss man das Land unbedingt selbst bereisen.


Die Grundlagen der estnischen Küche

Das köstliche dunkle Roggenbrot gibt es überall

Foto: Mariann Liimal, Visit Estonia


Must leib, das typische schwarze Roggenbrot mit seiner dünnen, knusprigen Kruste, ist sehr gesund und überall in Estland beliebt. In Bäckereien und auf den lokalen Märkten finden Sie eine große Auswahl an verschiedenen Varianten in allen Formen und Größen. Viele Restaurants servieren dieses frisch gebackene Brot nach ihren eigenen Geheimrezepten. Mit der berühmten salzigen Vollfettbutter Estlands bestrichen, wird es auch Ihre Geschmacksnerven kitzeln.

Neben Brot gehören Kartoffeln und Schweinefleisch zu den Grundnahrungsmitteln der Esten. Außerdem gibt es zahlreiche Milchprodukte wie Käse, Kefir, Milch und Joghurt. Und in Estlands Norden und Westen wird viel Fisch gegessen, wobei Hering der Dauerbrenner ist.


Estnisches Essen:
Eine Ode an das Reine, Frische und Saisonale

In Estland hängt das Essen stark von der Jahreszeit ab

Foto: Georgius Misjura, Visit Estonia


In Estland ändert sich die Speisekarte mit den Jahreszeiten. Saisonales Obst und Gemüse, aber auch das Fleisch wird im Sommerhalbjahr zu eher leichten Gerichten verarbeitet, während im Winter die traditionelle Deftigkeit überwiegt.

Die Esten haben eine besondere Beziehung zum Essen, und dazu gehört auch, dass sie wissen, woher es kommt. Je regionaler, desto besser. In der Tat bauen viele Esten gerne ihre eigenen Lebensmittel an. Manche haben einen kleinen Garten, in dem sie selbst Gemüse ziehen. Auch das Sammeln von Beeren und Pilzen ist in Estland im Spätsommer und Herbst so etwas wie ein nationaler Zeitvertreib. Zu den weiteren herbstlichen Zutaten gehören frisch gepflückte Äpfel, Wurzelgemüse und Wild wie Elch. Die reiche Ernte der Saison führt bis heute dazu, dass Lebensmittel durch Einlegen und Einmachen konserviert und dann im kommenden Winter gegessen werden.


Unterschiedliche kulinarische Regionen


Bei einer so starken Bindung an lokale Zutaten kann sich die jeweilige Gestalt der estnischen Küche je nach Ort stark verändern. Mit einer 3.800 km langen Küste bietet die estnische Küche im Norden und auf den Inseln eine Fülle von Küstenspezialitäten aus Fisch und Meeresfrüchten. Neben Fisch werden in der nordestnischen Küche traditionell Kartoffeln und andere Produkte aus dem Gewächshausanbau verwendet. In Südestland können Sie beispielsweise die typischen Gerichte in der Region um den Peipussee essen und die Zwiebelroute erkunden, auf der Sie eine Vielzahl von Zwiebelgerichten finden. Den Zwiebelkuchen sollten Sie sich keinesfalls entgehen lassen!


Estnisches Superfood

Die estnische Küche mit ihren internationalen Einflüssen hat sich ihren unverwechselbaren Charakter dank reiner, lokaler Elemente bewahrt. Diese "Superfoods" kommen frisch aus den Wäldern und von den Feldern, sind reich an Vitaminen und Mineralien. Genießen Sie sie, frisch geerntet, in der Hochsaison oder während der anderen Jahreszeiten in traditionellen Marmeladen und Säften.

Wir haben hier je ein Rezept zum Nachkochen für die vier estnischen Superfoods Buchweizen, Rote Beete, Johannis- und Heidelbeere:

Buchweizenbrei mit Pfifferlingen

Zutaten:

  • 250 g unbehandelten Buchweizen, über Nacht eingeweicht
  • Pfifferlinge
  • Speiseöl zum Braten
  • 50 g Butterwürfel
  • 1-2 Zwiebeln
  • 2 Knoblauchzehen
  • einen kleinen Bund Petersilien- und Kapuzinerkressestängel
  • 2-3 sonnengetrocknete Tomaten
  • 2-3 EL Kapern
  • 0,7 L Gemüsebrühe
  • Sauerkrautsaft (auf Wunsch)
  • Hartkäse
  • saure Sahne
  • Buchweizenkeime

Zubereitung:

Ähnelt sich der Zubereitung von Risotto.
Die Pfanne anheizen, Öl und Butter dazugeben. Pfifferlinge bei mittlerer Hitze anbraten, etwas später Zwiebeln und Knoblauch sowie die Kräuterstängel dazugeben. Erhitzen, aber die Farbe muss unverändert bleiben. Etwas Salz auch dazugeben. Daraufhin Buchweizen und gegebenenfalls ein Paar Butterwürfel dazugeben. Erhitzen, bis der Buchweizen in der Pfanne trocken wird. Nach und nach die Brühe beigeben, mit einem Spatel unterrühren. Etwas Käse dazureiben und nach einiger Zeit die sonnengetrockneten Tomaten. Die Kapern, nach und nach noch die Brühe beigeben und zum Schluss kann mit der Sauerkrautsaft abgeschmeckt werden. Servieren, Käse darüber reiben, mit ansprechenden Kräutern verzieren und auf Wunsch auch einen Löffel saure Sahne beigeben. Fertig!


Die verbotene Frucht – mit Roter Beete und Fichtenstaub

Zutaten:

  • 1 Zwiebel
  • 1 rote Bete
  • 1 Karotte
  • 50 ml Weißweinessig
  • 50 g estnische Käse
  • 1 Esslöffel Honig
  • 2 große Äpfel
  • schwarzes Pfeffer
  • Salz
  • Fichtennadelstaub
  • geröstete Haselnüsse
  • Olivenöl
  • frische Petersilie
  • Knoblauch
  • Salz

Zubereitung:

Erhitzen Sie Essig und Honig, indem Sie ein bisschen Öl hinzugeben. Geben Sie Zwiebeln hinzu und kochen Sie bis zur Aufweichung. Geben Sie geriebene Karotten und Bete hinzu, kochen Sie weiter auf mittlerer Hitze für 2 Minuten und lassen Sie das Gericht ruhen. Fügen Sie Reibkäse, Salz und Pfeffer zur Mischung hinzu.

Mischen Sie die Zutaten des Kräuteröls und die Hälfte des Öls in einem Mixer gut durch. Entfernen Sie die Apfelkerne, fügen Sie das Kräuteröl hinzu und füllen Sie sie mit der Rote-Bete-Mischung. Stellen Sie die Äpfel bei 200 Grad für 10 Minuten in einen Ofen.
Servieren Sie das Gericht warm.


Salat von schwarzen Johannisbeeren

Zutaten:

  • 200 g Ziegenkäse
  • 100 g Schwarze Johannisbeeren
  • 1 Weißbrot
  • Verschiedene frisch gesammelte Kräuter
  • Sommerblüten

Zubereitung:

Die Johannisbeeren mischen und durch ein Sieb geben. Dann den Ziegenkäse hinzufügen und vermengen. Den Mix passieren. Beim Auftragen auf die Masse Weißbrotstangen oder -scheiben geben. Sommerblüten und -blätter hinzufügen.


Mit Heidelbeeren marinierter Lachs

So einfach und so lecker!

Foto: Visit Estonia


Zutaten:

  • 1 großes Lachsfilet
  • 1 Handvoll Salz
  • 1 Handvoll Heidelbeeren
  • frischer Meerrettich
  • ein wenig Zucker

Zubereitung:

Die Blaubeeren mit dem Zucker mit dem Stabmixer zerkleinern, dann den Meerrettich hinzufügen. Das Lachsfilet mit dem Salz einreiben und das Heidelbeerpüree darüber gießen. Einige Stunden stehen lassen. Zusammen mit kleinen fluffigen Pfannküchlein (Blinis) und gehaltvoller saurer Sahne servieren.


Pflücken Sie sich quer durch Estlands Wälder

Apropos Beeren und Pilze: Wie die meisten Menschen auf dieser Welt, stammen die Einwohner Estlands mehr oder minder direkt von Jägern und Sammlern ab. Das Besondere: Die Esten sind bis heute Jäger und Sammler geblieben. Und Sie können das auch! 

Aber Vorsicht! Seit Jahrhunderten stromern die Esten, wenn sie nicht gerade in der Sauna sitzen, durch ihre reichlich vorhandenen Wälder und schauen, was von dem mannigfaltigen Angebot der Natur wohl genießbar sein könnte.


Kenne dein Essen bevor du es pflückst!

Foto: Jaanus Ree, Visit Estonia

Was wir sagen wollen: Die Esten wissen bereits, welche Pilze, Beeren und Kräuter sich zum Verzehr eignen. Und welche nicht. Sie – also Sie, die Leserin oder der Leser dieses Beitrages – müssen das nicht mehr selbst herausfinden, sondern tun gut daran, sich ausführlich darüber zu informieren, bevor Sie sich in den estnischen Wald schlagen und sich ein Mittagessen zusammensuchen.

Letzteres allerdings möchten wir ganz explizit empfehlen. Denn es macht einen Riesenspaß und die Ausbeute an Essbarem ist lecker, frisch, gesund und unbehandelt.

Zu den beliebtesten Trophäen gehört die nordische Wildheidelbeere, die Preiselbeere, die Walderdbeere, die wilde Himbeere, die Moltebeere, die Moosbeere (Cranberry) und – der Pfifferling. Frische Pfifferlinge! In einer schönen Sauce zur Pasta! Uns läuft schon beim Schreiben das Wasser im Mund zusammen.

Reiben Sie sich also mit Insektenschutzmittel ein, ziehen Sie sich regenfeste Kleidung und Gummistiefel an, packen Sie Ihr geladenes Handy, genügend Wasser zum Trinken und etwas, worin man das Gesammelte transportieren kann, in einen Rucksack – und los geht's!

Falls Sie sich nicht alleine trauen, können Sie auch einen der vielen Esten anheuern, die solche Waldabenteuer als professionelle Führungen anbieten. Diese Variante hat den Vorteil, dass Sie hundertprozentig sicher sein können, sich nicht den Magen zu verderben.


Frische Pfifferlinge – herrlich!

Foto: Magnus Heinmets, Visit Estonia


Wo man die Köstlichkeiten findet

Nord-Estland:

Süd-Estland:

Saaremaa:

Geführte Touren:


Beeren: frisch und lecker!

Foto: Aron Urb, Visit Estonia



Weitere Tipps

Die Saison zum Sammeln der meisten Beeren ist der Sommer, genauer: die Monate Juni bis September. Pilze findet man vor allem im Sommer und Herbst. Es gibt aber auch Arten, die bereits im Frühjahr gepflückt werden können.

Die estnische Forstverwaltung hat eine nützliche Liste mit den besten Orten zum Pilze- und Beerensammeln in der Nähe von Campingplätzen herausgegeben.

Trainingsgelände der estnischen Streitkräfte sollten Sie weiträumig meiden. Man erkennt sie an den gestreiften Schildern, deren Pfeile auf das Sperrgebiet weisen.

Wenn Sie sich verlaufen sollten, benutzen Sie Ihr Handy. Sie haben auch im Wald fast überall Empfang. Wenn alle Stricke reißen oder Sie einen Unfall hatten und verletzt sind, rufen Sie die 112 an; man wird Ihnen helfen.


Man muss auch trinken ...

Liebhaber von Craft-Bier, hier seid ihr zu Hause!

Foto: Alari Teede, Visit Estonia


Ein wichtiger Bestandteil der estnischen Küche ist die dazugehörige Getränkekultur.

Heutzutage ist Estland zu einem Hotspot für innovatives Bierbrauen geworden. Daher ist estnisches Craft Beer fast überall im Land zu finden. Neben Bier können Sie auch Mõdu probieren, ein Honiggetränk, das Met ähnelt, sowie Kali, eine Art alkoholarmes Wurzelbier.

Neben den herzhaften Getränken gibt es in Estland auch eine lange Weinbautradition. Anders als herkömmlicher Wein wird estnischer Wein meist aus Beeren hergestellt, wobei schwarze Johannisbeeren besonders beliebt sind.


Die süße Seite Estlands

Da läuft einem das Wasser im Mund zusammen

Foto: Ragne Värk, Visit Estonia


Estland hat auch für Naschkatzen einiges zu bieten. Zu den estnischen Desserts gehören eine Vielzahl von Gebäck, Kuchen und Torten mit raffiniertesten Füllungen und Toppings. Außerdem gibt es in Estland eine eigene Confisserie-Tradition, die bis ins 18. Jahrhundert zurückreicht und um die Themen Schokolade und Marzipan kreist. Hier gibt es tatsächlich Süßigkeiten, die außerhalb Estlands nicht zu finden sind.


Fine Dining ist in Estland noch erschwinglich


Ausgezeichnete Gerichte aus der Spitzengastronomie können in Estland vergleichsweise preiswert genossen werden, was das Land zu einem begehrten Ziel für Feinschmecker macht. Ein echtes Fünf-Gänge-Gourmet-Menü in Tallinn kostet bisweilen nur die Hälfte des Preises, den man in anderen europäischen Hauptstädten zahlen würde. Regelmäßig werden estnische Restaurants im White Guide Nordic, der Gastrobibel Nordeuropas, hervorgehoben. Und seit 2022 sind auch die Tester des Guide MICHELIN in Estland unterwegs. 

Und es gibt reichlich Auswahl. Die estnische Restaurantszene hat sich ganz der Fusionsküche verschrieben, so dass Sie neben der neuen nordischen Küche auch innovative moderne Gerichte probieren können. Wenn Sie ein Schleckermäulchen sind und genügend Zeit haben, dann machen Sie doch mal eine kleine kulinarische Rundreise auf den Spuren des MICHELIN-Führers!

Auch Vegetarier und Veganer kommen auf ihre Kosten, denn es gibt zahlreiche vegetarierfreundliche und reine Veggie-Restaurants, die sehr kunstvoll und aromatisch kochen. Und für diejenigen, die es etwas rustikaler mögen – mittelalterlich gar – gibt es vor allem in Tallinn eine ganze Reihe von Lokalen, in denen man gebratenes Wildschwein, Bär und Ähnliches bestellen kann. 


Guten Appetit!



Zuletzt aktualisiert: 07.02.2023

Thema: Essen, Trinken & Nachtleben