Estland für Menschen mit Behinderung

Quelle: Sven Zacek, Visit Estonia

Estland für Menschen mit Behinderung

Text:

Eesti Puuetega Inimeste Koda(Estnischer Verband für Menschen mit Behinderung)

Estland bemüht sich um Barrierefreiheit, damit auch Menschen mit Behinderung genussvoll und ohne Hürden das Land bereisen können.


Wie reist man nach Estland?

Flugverkehr - Flughäfen


Damit bei Ankunft in und Abflug aus Tallinn alles gut verläuft, informiere die Fluggesellschaft von deinen Bedürfnissen. Sei dies Hilfe mit dem Gepäck, Hilfe beim Zugang ins Flugzeug oder zum Reiseterminal, Reisen mit einem Blindenhund o.ä. Beim Ankommen am Tallinner Flughafen nimm mit dem Mitarbeiter der Fluggesellschaft am Schalter Kontakt auf und vergewissere dich, dass die Firma alle deine Wünsche registriert hat. Bei der Ankunft am Tallinner Flughafen kannst du per Telefon von deiner Ankunft Bescheid geben und bei Bedarf um Hilfe bitten.

Vorher lohnt es sich die Information für behinderte Reisende auf der Webpage des Tallinner Flughafens durchzulesen, wo die notwendige Information und Kontakte für die Planung der Flugreise zu finden ist. Für behinderte Reisende ist auch an den anderen größeren estnischen Flughäfen professionelle Hilfe gewährleistet: in Tartu, in Pärnu, in Kuressaare und in Kärdla.


Tallinn Airport

Foto: Tallinn Airport / Visit Estonia

Der größte Flughafen Estlands befindet sich direkt in der Nähre des Zentrums und hat eine gute Verbindung mit den öffentlichen Verkehrsmitteln - guter Zugang für Taxis, ausreichend Möglichkeiten gibt es auch zum Parken für PKW-s, unter anderem gibt es auch Behindertenparkplätze.

Eine gute Möglichkeit für die Fahrt ins Zentrum und zurück ist auch die S-Bahnlinie Nr. 4, die nur von niedrigen Bahnen bedient wird. In den Straßenbahnen gibt es Sprachinformation und elektronische Informationstafeln, mit denen bekannt gegeben wird, auf welcher Route die S-Bahn fährt und welches die nächste Haltestelle ist.

Meerestransport - Schiffe, Fähren und Häfen

Für die beste Schiffsreise informiere über deine Bewegungsbehinderung oder besonderen Bedürfnisse schon bei der Registrierung durch die organisierende Schiffsfirma, Reisebüro oder Reiseveranstalter.

Die Reisedecks der größten inländischen Fähren sind mit Aufzügen versehen. In den Treppenhäusern der Schiffe gibt es zumeist auch Behindertenaufzüge. Auf jedem Schiff befindet sich auf dem Reisedeck ein Rollstuhl, bei dem die Crew dir hilft.


Noblessner Hafen in Tallinn

Foto: Visit Estonia

Das Personal der größten Häfen, z.B. des Tallinner Hafens, ist für die Dienstleistungen und Unterstützung für Gehbehinderte oder Reisende mit besonderen Bedürfnissen in bester Weise geschult. Die elektronischen Informationstafeln des Tallinner Hafens informieren und geben Anweisungen über das Anbordgehen. Auch auf den Hafenkais der größeren inländischen Schiffsrouten (bei den Linien nach Saaremaa und nach Hiiumaa) gibt es Informationsanzeigen mit Informationen zur auslaufenden Fähre. In kleineren Häfen fehlt eine solche Information und Hilfe.

Züge und Bahnhöfe

Der Zugverkehr funktioniert in Estland in mehrere Richtungen: in Richtung Südwesten (auf der Route Paldiski, Riisipere, Kloogaranna, Keila, Pääsküla); in Richtung Osten (die Route Tartu, Narva, Aegviidu, Jõgeva); in Richtung Südwesten (die Route Viljandi, Pärnu, Türi, Rapla); und in Richtung Südosten (die Route Valga, Piusa).

Die Bahnsteige der Reisezüge und die modernen Züge von Elron eignen sich zur Nutzung sowohl für geh-, seh- als auch für hörbehinderte Reisende.

In den Zügen sind die Vorrechtssitze mit internationalen Symbolen für gehbehinderte Reisende ausgestattet und im C-Bereich gibt es einen mit Gurt und SOS-Knopf versehenen Platz für einen Rollstuhl. Mit dem Rollstuhl kann man durch die Tür im C-Bereich hineingelangen (mit einem großen C gekennzeichnet), der mit einem speziellen Trittbrett und einem tiefer liegenden Türöffnungsknopf versehen ist; es gibt dort auch eine Behindertentoilette. Es kann passieren, dass der Zug nicht im vorgesehenen C-Bereich anhält. In diesem Fall solltest du den Platz für den Rollstuhl im Voraus reservieren, indem du das Zugunternehmen von deinem Reisewunsch mindestens 48 Stunden im Voraus informierst.

Zum informieren von Reisenden mit Sehbehinderung gibt es in den Zügen von Elron eine Sprachansage, über die die Reiseroute des Zuges, die kommenden und darauffolgenden Haltestellen sowie Sondersituationen angekündigt werden. Beim Öffnen und Schließen der Zugtüren ertönt ein Warnsignal. Wenn du mit einem Hilfshund reist, muss er während der Fahrt im Zug keinen Mundkorb tragen.

Für Reisende mit Hörbehinderung gibt es in den Zügen von Elron eine Informationsanzeige, auf der die Reiseroute des Zuges, der Namen der kommenden und darauffolgenden Haltestelle sowie Informationen über Sondersituationen angezeigt werden.

Landverkehr - Fernbusse und Busbahnhöfe

Personen mit Gehbehinderung haben sowohl in Bussen als auch Busbahnhöfen das Recht auf kostenlose Sonderhilfe. Bei Bedarf muss auch Gehilfen das Recht auf kostenlosen Transport gewährleistet sein.

Behinderte und gehbehinderte Reisende müssen das Transportunternehmen von ihren besonderen Bedürfnissen mindestens 36 Stunden vor der Notwendigkeit der Ausführung der Hilfsdienstleistung in Kenntnis setzen und am vereinbarten Ort im Busbahnhof zur vereinbarten Zeit (nicht früher als 60 Minuten) vor Abfahrt des Busses erscheinen.

In den größeren Fernbusbahnhöfen (z.B. im Tallinner Busbahnhof und in anderen größeren Zentren) ist der Zugang zu allen Dienstleistungen des Busbahnhofs für behinderte und gehbehinderte Personen gewährleistet, darunter auch zur An- und Abfahrtshaltestelle der Busse. Auf den Informationsanzeigen an den Haltestellen und Wartesälen bekommt man Informationen über die Ankunft und Abfahrt der Busse. In kleineren Busbahnhöfen und Haltestellen gibt es keine Hilfe. Es könnte dort auch weder Informationstafeln mit Informationen zum Busverkehr als auch Zugang in die Busse der Kreislinien geben.

Stadtbusse

Die Nummern der Stadtbusse befinden sich an der Vorder- und Rückseite des Busses. Sie werden elektronisch und hell auf dunklem Hintergrund angezeigt. Die meisten Busse haben Infotafeln, auf denen die Reiseroute und die nächste Haltestelle des Busses angezeigt wird. Blindenhunde dürfen ohne Mundkorb in öffentliche Verkehrsmittel eintreten und im Kundenabteil mitfahren.

Nicht alle Stadtbusse sind mit Rollstühlen zugänglich, aber z.B. in Tartu fahren nur niedrige Stadtbusse.

In den Fahrplänen sind die niedrigen Busse unterstrichen. Trotzdem kann es sein, dass du beim eintreten in das Fahrzeug Hilfe brauchst, da der Bus nicht unbedingt direkt am Gehsteig hält. Dann kannst du bei Bedarf den Busfahrer um Hilfe bitten. Die Busse haben Plätze für Personen mit Rollstuhl sowie Sitzplätze für Behinderte.


Stadt Tallinn

Foto: Rasmus Jurkatam / Visit Estonia

S-Bahn- und Elektrobusverkehr in Tallinn

In Tallinn fahren mehrere niedrige S-Bahnen (z.B. S-Bahn Nr. 4) und Elektrobusse. In den Fahrplänen sind die niedrigen Fahrzeuge unterstrichen. Trotzdem braucht man beim Einstieg in das Verkehrsmittel wahrscheinlich Hilfe, weil die S-Bahnen und Elektrobusse nicht unbedingt direkt am Gehweg anhalten. Bei Bedarf hilft der Fahrzeugfahrer.

Die Nummern an der Vorderseite der S-Bahnen sind elektronisch und als heller Text mit Beleuchtung auf dunklem Grund angegeben.

In den Tallinner S-Bahnen (und in vielen anderen öffentlichen Verkehrsmitteln in ganz Estland) werden die Haltestellen durch die Lautsprecher angekündigt. In den neueren S-Bahnen wird bei jeder Haltestelle auch über die nächste Haltestelle oder über die Fahrrichtung der S-Bahn informiert und in den Salons gibt es Informationsanzeigen mit den Namen der Haltestellen.

Taxis

Beim Bestellen eines Taxis überprüfe vorher, ob es möglich ist, ein Behindertentaxi zu bestellen. Diese Dienstleistung bieten nur wenige Taxifirmen an. Die Buchungszeit eines Behindertentaxis im Voraus ist deutlich länger und man sollte dies rechtzeitig, d.h. mindestens 12 Stunden vor der Fahrt tun. In Tallinn bedienen Menschen mit besonderen Bedürfnissen z.B. AS Tulika Takso und Termaki Autopargi AS.

Autovermietung

Von manchen Autovermietungsfirmen (z.B. Sixt Autoverleih) können Autos gemietet werden, die eine Handsteueranlage haben. Dank dessen kann der Fahrer, dem ansonsten das Fahren mithilfe von Beinen erschwert wäre, das Auto fahren und zum Gasgeben und Bremsen nur die Hände benutzen. Der Wunsch der Nutzung der Handfahranlage sollte im Voraus mit der Autovermietungsfirma abgesprochen werden.


Ins Auto und Motor an!

Foto: Jaanus Ree / Visit Estonia

Barrierefreiheit in Hotels, Restaurants, Geschäften etc.

Beherbergungsbetriebe

In den Hotels der größeren estnischen Städte und in neueren Beherbergungsbetrieben ist die Bedienung erstklassig und es gibt in der Regel die erforderlichen Dienstleistungen und geeignete Räume für Menschen mit Gehbehinderung. Aber für die Bedienung von Hörbehinderten, z.B. beim Aufwecken oder in Notsituationen fehlen die Anpassungen, außer im Hilton Hotel in Tallinn.

Gib unbedingt bei der Buchung von all deinen Bedürfnissen Bescheid – bei Bedarf kann das Hotelpersonal die nötigen Vorbereitungen treffen. Ein angepasstes Zimmer sollte zeitig gebucht werden, weil es selbst in größeren Hotels nur 1-2 entsprechende Zimmer gibt. In kleineren Beherbergungsbetrieben fehlen zumeist zugängliche Zimmer.

Gaststätten und Geschäfte

Die größeren Einkaufszentren und Lebensmittelgeschäfte sind für Gehbehinderte angepasst, ebenso gibt es spezielle Behindertentoiletten. Kleinere Geschäfte und Gaststätten sind oft nicht für Rollstuhlfahrer zugänglich, es fehlen auch entsprechende Toiletten. Deshalb sollte man sich vor einem Besuch darüber informieren, ob die Räume zugänglich sind. Die Gaststätten, Läden und andere öffentliche Einrichtungen müssen es Sehbehinderten erlauben sich mit ihren Blindenhunden in Innenräumen zu bewegen.

Beim Besuch von Gaststätten benachrichtige bei Bedarf das Personal von deinen besonderen Bedürfnissen, darunter z.B. von möglichen Allergien oder von anderen ernährungsbedingten Bedürfnissen.


Toll Essen kann man in Estland fast überall

Foto: Danel Rinaldo / Visit Estonia

Unterhaltungseinrichtungen (Museen, Kinos, Theater, usw.)

Die populärsten estnischen Museen sind mit dem Rollstuhl zugänglich, z.B. KUMU oder der Wasserflugzeughafen in Tallinn oder das estnische Volksmuseum in Tartu. In kleinere Museen, darunter in geschichtliche Gebäude ist die Zugänglichkeit mit dem Rollstuhl meistens nicht gewährleistet, ebenso gibt es im allgemeinen bei den Exponaten keine Anpassungen für seh- und hörbehinderte Personen.

Die Zugänglichkeit von Kinosälen ist für Behinderte in Estland uneinheitlich. In manchen Kinosälen sind die mittleren Sitze der ersten Reihe entfernt worden. Diese sind für Rollstuhlfahrer gedacht, damit sie neben ihrem/r Begleiter/in sitzen können. Auch Blindenhunde sind im Allgemeinen in Kinosälen erlaubt. Um genauere Möglichkeiten zu erfahren lohnt es sich beim konkreten Kino zu informieren.

Theaterbesucher mit besonderen Bedürfnissen sollten sich spätestens am vorhergehenden Arbeitstag an den Hauptadministrator oder den Serviceleiter des Theaters wenden, damit für sie alle Bedingungen für eine angenehme Theatererfahrung gewährleistet sind.

Für Personen mit Hörbehinderung sind in manchen Theatern Induktionsschleifen eingerichtet (Vanemuine, Im Põrgulava des Tallinner Stadttheaters, Estnisches Dramatheater im großen und kleinen Saal, Ugala Theater). Im estnischen Dramatheater gibt es individuelle Induktionsschleifen. Für deren Nutzung wende dich bitte ans Theaterpersonal. Die Staatsoper Estonia hat über der Bühne eine Anzeigetafel installiert, auf der man bei einer fremdsprachigen Vorstellung die estnische Übersetzung lesen kann.


Estnische Staatsoper

Foto: Jürgen Voolaid / Visit Estonia

Eine gute Übersicht über Vergünstigungen für Behinderte und über die Zugänglichkeit von Kultureinrichtungen findest du auf der Homepage der Eesti Puuetega Inimeste Koda (Verband der Behinderten in Estland).

Naturtourismus

Es gibt in Estland einige spannende Wanderwege, die Gehbehinderte besuchen können. Eine gute Übersicht über zugängliche Wanderwege und Grillplätze findest du auf der Homepage des Riigi Metsamajanduse Keskus (Staatliches Zentrum für Forstwirtschaft).


Wo findest du Hilfe zum Planen deiner Reise?

Estland ist zwar klein, aber die Zugänglichkeit ist von Region zu Region sehr unterschiedlich. Für die Planung deiner Reise empfehlen wir dir Kontakt mit dem örtlichen Touristeninformationszentrum aufzunehmen, wo du Informationen über die Zugänglichkeit der Tourismusattraktionen, Beherbergungsbetriebe, öffentlichen Toiletten, Transport, notwendige Kontakte und vieles mehr findest.

Zuletzt aktualisiert: 08.03.2024