Im Jahr 2016 hat das Estnische Nationalmuseum in Tartu seine Türen geöffnet und entwickelte sich schnell zum beliebten Pilgerort für alle, die an Estland und seiner Geschichte interessiert sind. Es befindet sich in Tartu, zweieinhalb Fahrstunden südöstlich von Tallinn. Die dynamische Universitätsstadt, die „kulturelle Hauptstadt" Estlands, die 2024 auch Europäische Kulturhauptstadt sein wird, ist wie das Museum jede Reise wert.
Im Juni 2022 wurde der millionste Besucher des Nationalmuseums seit Eröffnung gezählt. Die Statistik zeigt außerdem: Der touristische Anteil an allen Besucherinnen und Besucher liegt bei etwa 20%. Menschen aus 120 Ländern haben das Museum bisher besucht – mit einem Schwerpunkt auf den Nachbarländern Estlands: Finnland, Lettland, Litauen. Aber auch viele Deutsche sind offenbar sehr interessiert. Alljährlich werden 500 angemeldete Bildungsgruppen durchs Museum geleitet; insgesamt finden jedes Jahr etwa 1.000 Führungen statt.
Luftaufnahme des 355 m langen Gebäudes
Foto: Tarmo Haud, Visit Estonia
Das Estnische Nationalmuseum liegt im nördlichen Teil Tartus auf dem Territorium des ehemaligen Gutshofes Raadi, der zu Sowjetzeiten als einer der wichtigsten Luftwaffenstützpunkte der Union diente. Das moderne Gebäude wurde in die Flucht der ehemaligen Landebahn gebaut. Das sieht nicht nur beeindruckend aus, es war auch als Signal einer Zeitenwende gemeint: Das ehemals streng abgeschirmte Militärgelände wurde der estnischen Bevölkerung zurückgegeben und einer zivilen Nutzung zugeführt.
Das langgestreckte Gebäude, das vom französischen Architekturbüro Dorrell Ghotmeh Tane entworfen und auf dessen Initiative hin auf dem ehemaligen Militärgelände errichtet wurde, hat seit seiner Eröffnung einige internationale Architekturpreise eingeheimst, unter anderem wurde es zum besten Betongebäude in Estland gewählt. Noch vor der Eröffnung 2016 erhielt es den Afex Grand Prix, der herausragende Bauwerke französischer Architekten im Ausland würdigt.
Der 15 Meter hohe Eingang aus Stahl und Glas begrüßt die Besucher.
Foto: Tarmo Haud, Visit Estonia
Das Estnische Nationalmuseum ist das größte Museum in Estland und umfasst 6000 m2 Ausstellungsfläche. Das Museum hat zwei Bereiche für Dauerausstellungen, die via audiovisuellen Elementen und Infotafeln in verschiedenen Sprachen präsentiert werden.
Die große Dauerausstellung mit dem Titel „Begegnungen" beschreibt den sich verändernden Alltag der Esten durch die vergangenen Jahrzehnte – dargestellt am Beispiel unterschiedlicher kultureller und sozialer Gruppen, zum großen Teil interaktiv.
Die zweite Dauerausstellung des Museums, „Echo des Urals", ist den finno-ugrischen Völkern und damit der Herkunft der Esten gewidmet und zeigt Lebensgewohnheiten, Kleidung, Traditionen und Rituale dieser Völker seit der Eiszeit. 2016 wurde sie zur besten Dauerausstellung des Landes gewählt. Eine Sammlung von etwa 150 verschiedenen Volkstrachten ergänzt den ethnographischen Teil des Museums.
Der größte Schatz, den Besucher im Museum bestaunen können, ist aber sicherlich die älteste noch existierende estnische Flagge aus der Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg. Während der gesamten Sowjetära war sie im Schornstein eines Bauernhauses versteckt worden.
Ergänzend zu den Dauerausstellungen richtet das Estnische Nationalmuseum regelmäßig auch wechselnde Kunstausstellungen aus. Im Gebäude gibt es außerdem Konferenzräume, eine Caféteria und ein Restaurant. Etwa 500 Veranstaltungen finden pro Jahr im und um das Museum herum statt. Dazu zählen im Sommer auch größere Open Air-Konzerte oder Kinoabende auf dem Außengelände.
Besuchen Sie Tartu und das Estnische Nationalmuseum. Es lohnt sich!