Die estnische Traditionsküche

Quelle: Danel Rinaldo, Visit Estonia

Die estnische Traditionsküche

Natürlich gibt es in Estland Restaurants, die internationale Küche anbieten. Wir wollen uns aber heute auf die ganz und gar traditionelle, uralte und authentisch estnische Küche konzentrieren und neben einigen Hintergrundinformationen auch Restaurants nennen, in denen man entsprechende Gerichte probieren kann.


Seit Jahrhunderten bildet die reiche Natur die Grundlage des Speiseplans der Esten. Was im Wald gesammelt und gejagt werden kann, was in Flüssen, Seen und im Meer gefangen wird und was die Landwirtschaft zusätzlich seit frühester Zeit zu Verfügung stellt, ist alles, was die Esten brauchen, um ihre typischen und schmackhaften Gerichte zuzubereiten. Daran hat sich seit Anno Tobak absolut nichts geändert; der Este an sich ist noch immer am liebsten Jäger und Sammler, wenn's um leckeres Essen geht.


Einfache und frische Zutaten

Foto: Mart Vares, Visit Estonia


Wenn man Esten und ihren wunderbaren Eigensinn kennt, weiß man: die entsprechenden Gerichte wird es auch noch geben, wenn wir längst mit wasserbetriebenen Linien-Raumschiffen auf den Mars fliegen. Mit anderen Worten: die Tradition ist unkaputtbar. „Diese Küche wird uns alle überleben", sind die Esten sich sicher. Und die müssen es ja schließlich wissen.

Im Vordergrund der Lebensmittelverwertung standen in der estnischen Küche stets nährstoffreiche Sattmacher: Kartoffeln, Kohl, Rote Beete und andere Rüben, Fleisch, Milch und Eier und der landesweit angebaute Roggen. Er wird vor allem für must leib, das bekannte dunkle estnische Sauerteigbrot verwendet, das in den vergangenen Jahren ein wahres Revival vor allem in der jungen Generation gefeiert hat.


Brotkultur und Einkesselessen

Must leib – das estnische Roggenbrot

Foto: Mariann Liimal, Visit Estonia


Mittlerweile bekommt man das wohlschmeckende Roggenbrot fast in jedem Restaurant und viele Esten backen es inzwischen selbst zu Hause, nachdem sie ihre Großeltern um ein altes Familienrezept angebettelt hatten, das diese im Zweifelsfall und mit freundlichem Augenzwinkern auch mal spontan erfunden haben. Must leib jedenfalls ist heute im wahrsten Sinne in aller Munde. Neben Deutschland ist Estland seither das zweite Land mit einer echten Brotkultur.

Und dann gibt es natürlich Fisch. Jede Menge köstlichen Fisch – groß, klein, dick, dünn, aus Süß- und aus Salzwasser. Estland hat eine 760 km lange Küste an der Ostsee, darüber hinaus viele Flüsse und Seen. Allein im riesigen Peipussee, der im Osten des Landes die Grenze zu Russland bildet, gibt es über 37 verschiedene Fischarten! Insbesondere Hering und Salzhering sind in der estnischen Küche weit verbreitet und auch in den traditionellen Rezepten oft zu finden.

Die im Wald gesammelten Beeren dienen oft als Zutat für Kuchen und Desserts. Apropos Dessert: Kama – eine Mischung aus Gersten-, Roggen-, Hafer-, Erbsen- und Bohnenmehl – ist aus estnischen Nachtischen kaum wegzudenken. Es wird z.B. als Texturgeber und Geschmacksabrunder in Sahnedesserts verwendet, aber auch mit Zucker, Milch, Buttermilch oder Kefir zum Frühstück gegessen.

Auch im ganzen Land bekannt ist ein spezieller Eintopf, der im Grunde auch genau so genannt wird: Ühepajatoit, „Einkesselessen". Dafür kocht man Schweinefleisch mit Lorbeerblättern und Salz in Wasser. Hinzu kommen Steck- und Mohrrüben – bisweilen auch Kohl – und Kartoffeln. Echte estnische Hausmannskost: rein, aus frischen Zutaten, ohne allen Schnickschnack.


Salate und Sauerkraut

Rote Beete wird gern genommen

Foto: Visit Estonia


Wenn Esten Sie zu einer Party einladen, werden Sie aller Voraussicht nach den Nudelsalat vermissen. Kartoffelsalat hingegen gibt es reichlich. Und auch Pilze, Rüben, Rote Beete, Kürbis und weitere Gemüse werden als Salat gereicht. Dazu gibt es saure Gurken und kalten Fleischaufschnitt von Schwein oder Kalb.

Sollten Sie zum Abendessen eingeladen sein, werden in der Traditionsküche typischerweise ein schöner Fisch oder gut geschmortes Bratenfleisch gereicht. Dazu gibt es Kartoffeln und – Überraschung! – Sauerkraut. Ja, das kennen Sie als Deutscher. Und die Esten kennen das auch sehr gut! Zum Essensabschluss gibt es einen Kaffee mit Keksen. Wenn die Küchenbesetzung einen guten Tag hatte, gibt es vielleicht auch einen Kohupiimakook – jenen herrlichen Schmandkuchen, der in tausend Variationen hergestellt werden kann.

Zu Festtagen wie Weihnachten feiert eine estnische Spezialität fröhliche Urständ: die Blutwurst. Sie darf – wie der Schinken – auf keiner Festtafel fehlen. Auch Piroggen sind fester Bestandteil der estnischen Traditionsküche. Und auch diese können wieder mit tausendundeiner Füllung daherkommen: Fleisch, Kohl, Möhren, geschmorte Zwiebeln undundund.

Die Esten hatten es früher unter diversen Besatzungen ihres Landes alles andere als leicht; gutes Essen gab es nie im Überfluss. Vielleicht ist das der Grund, aus dem die Einwohner des kleinen nordischen Landes sich bis heute wechselseitig statt eines guten Appetits wünschen, „dass das Brot ausreichen möge" (jätku leiba) – denn das ist historisch betrachtet das einzige, was es so gut wie immer gab.


Restaurants mit Traditionsküche

Das Restaurant "Farm" in Tallinn

Foto: Visit Estonia


Hier sind achtzehn Restaurants in unterschiedlichen Regionen Estlands, die sich auf die traditionelle Küche spezialisiert haben. Es sind rustikale Tavernen genau so vertreten wie moderne und exquisite A-la-Carte-Restaurants, die die angestammte Küche verinnerlicht haben, sie jedoch in zeitgenössischer Art präsentieren.



Talinn

Restaurant Farm

Restaurant Kaerajaan

Restaurant Kuldse Notsu Kõrts
(Zum goldenen Schweinchen)

Taverne Kolu


Nord-Estland

Mittelalter-Restaurant Rondeel

Restaurant Franzia


Tartu

Restaurant Hõlm

Café Pööriöö im Nationalmuseum

Schenke Hansa Tall


Süd-Estland

Restaurant Sangaste Rukki

Ugandi Resto


Auf den Inseln

Wirtshaus Kaali (Saaremaa)

Lümanda Söögimaja (Saaremaa)

Restaurant Ungru (Hiiumaa)

Grillhaus Lest ja Lammas (Hiiumaa)

Kihnu Küek (Kihnu)


West-Estland

Talumehe kõrts (Haapsalu)

Restaurant Raimond (Pärnu)



Guten Appetit!
Übrigens: 2022 sind die Michelin-Sterne nach Estland gekommen!


Zuletzt aktualisiert: 10.05.2022

Thema: Tallinn, Südestland, Westestland, Die Inseln, Nordestland, Essen, Trinken & Nachtleben