Mittsommer – wenn der Abend den Morgen trifft

Quelle: Visit Estonia

Mittsommer – wenn der Abend den Morgen trifft

Von Mai bis Juli steht ganz Estland Kopf, wenn die Tageshelle der Dunkelheit auch die letzte Stunde abtrotzt und sich die Magie der Weißen Nächte über das Land breitet. Der Biorhythmus macht dann Pause. Jung und Alt sind auf den Beinen und feiern die Sonne, das Leben und die Gemeinschaft. Sie feiern mit estnischen Traditionen, Ritualen und einem kleinen oder auch großen Lagerfeuer, von dem es heißt: Wer in der Mittsommernacht darüber hüpft, der werde reich beschenkt.

Mittsommer bzw. der Johannistag (Jaanipäev), wie er in Estland üblicherweise heißt, ist eines der ältesten und beständigsten Volksfeste. Ende Juni – wenn der Tag in die Nacht hineinreicht, und kaum Dunkelheit aufkommt – ist der ideale Zeitpunkt für ein Eintauchen in die Geheimnisse der blühenden Natur. 

Das Mittsommerfest beginnt am Abend des 23. Juni und endet am 24. Juni. Verwurzelt in alten Volkstraditionen, markiert der Johannistag den Beginn der Heuernte. Der Tag wurde schon lange vor Ankunft des Christentums in Estland begangen, und auch wenn das Fest einen christlichen Namen erhalten hat, so ist doch die ursprüngliche heidnische Tradition heute, Hunderte von Jahren später, immer noch lebendig.


Nächte im Norden

Die Legende sagt, dass die Abenddämmerung und das Morgengrau Liebhaber sind, die sich nur einmal im Jahr treffen – zur Sommersonnenwende.

Foto von: Visit Estonia

Heutzutage ist Mittsommer ein nationaler Feiertag, der es den Menschen ermöglicht, eine kleine Ruhepause auf dem Land einzulegen. Die Esten beginnen traditionell schon früh mit den Vorbereitungen für das Mittsommer-Fest, indem sie Holzreste für die großen Lagerfeuer sammeln, die zu dieser Gelegenheit überall im Land angezündet werden. Die Kinder lieben es, bis zum Morgengrauen aufbleiben zu dürfen, und junge Verliebte wandern durch den Wald auf der Suche nach der glückbringenden Farnblüte. Die etwas mutigeren Jungen und Mädchen springen über das Feuer in der Hoffnung auf Reichtum; die etwas bescheideneren Traditionen beinhalten Singen, Tanzen und Märchenerzählen.

Nächtliches Grillen

Kinder dürfen an der Sommersonnenwende die ganze Nacht wach bleiben und mit den anderen am Feuer an all den Festlichkeiten teilnehmen.

Foto von: Mariann Liimal

Noch bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts war der Johannistag ein Fest, bei dem Familie und Freunde zusammenkamen, um gemeinsam zu feiern. Heute verbringen viele den Tag beim Grillen mit Freunden im Garten oder bei einem Picknick in der Natur. Die Tradition der Dorffeste mit ihren Tanzkapellen und riesigen Feuern ist jedoch noch nicht verschwunden und bildet den Jahreshöhepunkt in vielen kleinen Städten und Dörfern.

Mittsommer ist untrennbar mit dem Volksglauben verbunden. Haben Sie das Glück und sehen am Johannisabend ein Glühwürmchen, dann können Sie ein großes Vermögen erwarten. Junge Frauen, die einen verstohlenen Blick in die Zukunft werfen möchten, sollten acht verschieden Sorten Blumen sammeln und sie über Nacht unter das Kopfkissen legen, woraufhin ihnen im Traum ihr Zukünftiger erscheint. Dies sind nur einige Beispiele für den lustigen und entspannenden nationalen Feiertag, in dem sich das reiche kulturelle Erbe Estlands widerspiegelt.


Wo man den Mittsommer feiert

Heute ist Mittsommer ein nationaler Feiertag, der den Stadtbewohnern die Möglichkeit gibt, aufs Land zu fahren. Die meisten verbringen den Tag mit Freunden, grillen in ihren Gärten oder machen ein Picknick im Wald. Der Höhepunkt des Jahres ist jedoch in vielen ländlichen Städten und Dörfern ein gemeinschaftsweites Jaanipäev-Fest mit Live-Musik und großen Lagerfeuern.


Sieben Unternehmungen für einen unvergesslichen Mittsommer

In den Wochen vor und nach der Mittsommernacht ist Estland bei Tag und bei Nacht in ein unvergleichliches Licht und in eine magische Stimmung getaucht. Hier sind sieben Dinge, die zu den Weißen Nächten in Estland auf jeden Fall dazu gehören:

1. Den Tag mit einem Sprung in die Wellen beginnen

Viele Esten begrüßen den Tag mit einem Kopfsprung in die erfrischenden nordischen Wellen. Mit über 2.000 winzig kleinen Inseln und einer Küstenlinie von mehr als 3.700 Kilometer sind der Strand und das Wasser in Estland niemals weit. Wie in Skandinavien gibt es auch in Estland das Jedermannsrecht, daher ist auch ein Sprung in einen der ca. 1.200 Seen fast überall erlaubt.

2. Yoga auf einem Stand-up-Paddle-Board machen

Sonnengruß, Kobra oder Baum – Yoga auf einem kleinen Stand-up-Paddel-Brett mitten auf der estnischen See erfordert ein wenig Übung. Nach einigen Platschern ins Wasser klappt es bald wie von selbst und die Atmung gleicht sich dem Rhythmus der rauschenden Wellen an. Aber ab und zu die Augen öffnen! Denn viel zu einzigartig ist der Blick im Lotus-Sitz vom Stand-up-Paddel-Brett auf das estnische Festland im Sonnenlicht.

3. Algen-Wrap und Hausbierbad genießen

Wohlbefinden auf estnische Art ist auch auf dem SPA-Trail, der ultimativen Entspannungsroute, angesagt. Probieren Sie den Algen-Wrap, ein Hausbierbad oder andere raffinierte SPA-Anwendungen mit einheimischen Kräutern, Sand, Torf und sogar Steinen, die aus Estlands weiten Wäldern stammen. Den Heilkräutern wird zur Sommersonnenwende eine besonders intensive Wirkung zugesprochen!

4. An der längsten Zipline Estlands durch die Nacht gleiten

Der Wind pfeift um die Ohren. In einem Sicherheitsgeschirr hängend geht es mit bis zu 80 km/h über knapp 700 Meter durch die helle Nacht. Wer mutig ist, testet die von den Esten erfundene Extremsportart, das Kiiking: Auf einer überdimensionalen Schaukel bis in die Wolken schwingen, Überschlag inklusive.

5. Mitternacht-Grillen

Würstchen im Brötchen um Mitternacht? Unbedingt! Die Weißen Nächte sind zudem ideal für Tierbeobachtungen. In der Wildnis von Alutaguse können Besucher in einer Beobachtungshütte im Wald Bären, Elche und Füchse sichten. Auch der Lahemaa Nationalpark, einer der bedeutendsten Waldschutzgebiete Europas, bietet in den Weißen Nächten eine wunderschöne Kulisse zum Spazierengehen, Wandern, Reiten, Fat-Biken und Kanu-Fahren.

6. Nachts ins Museum und auf Konzerte gehen

Wenn die Tage in der Zeit der Weißen Nächte gar nicht enden wollen, bleibt auch mehr Zeit für Kultur. Beispielsweise für eines der innovativsten Museen Estlands, das KUMU in Tallinn. Wer noch mehr Lust auf Musik hat und wissen möchte, wie die Seele Estlands klingt, der besucht im Juli das Folk Music Festival in Viljandi, sowie das einzigartige Suure Jaani Musik Festival, wo klassische Musik mitten in der Natur dargeboten wird.

7. Bei Schummerlicht in der Rauchsauna schwitzen

In einer urigen Hütte auf dem Bauernhof Mooska steht eine der berühmten Rauchsaunen Estlands. Zu dem typischen Rauchsauna-Erlebnis gehört neben dem obligatorischen Sprung in den See auch ein selbstgebrautes Bier im warmen Licht der Mitternachtssonne – Birkensaft geht auch. Terviseks!


Wir wünschen eine schöne und ereignisreiche Mittsommernacht!


Zuletzt aktualisiert: 01.06.2023

Thema: Tallinn, Südestland, Westestland, Die Inseln, Nordestland, Veranstaltungen