Sauna und Rauchsauna in Estland – eine ganz besondere Tradition

Quelle: Andres Raudjalg, Visit Estonia

Sauna und Rauchsauna in Estland – eine ganz besondere Tradition

Die Sauna-Tradition ist tief in der estnischen Kultur verwurzelt; sie ist ein wichtiger Teil der Identität des Landes. In Estland gibt es mehrere Arten von Saunen, aber eine der einzigartigsten ist die Rauchsauna, die auf der Liste des immateriellen Kulturerbes der UNESCO steht.

Die Esten und die Sauna

Heilbäder und Kurorte finden sich in Estland schon seit mehr als 200 Jahren – es sind Hunderte im ganzen Land. Estlands Saunatradition reicht aber noch weiter zurück: Die ersten schriftlichen Aufzeichnungen über das Saunabaden stammen aus dem 13. Jahrhundert! In der Vergangenheit wurden Saunen zur Heilung verschiedener Krankheiten, aber auch als Entbindungs- und Sterberäume und sogar als Räucherkammer genutzt, woraus sich die Rauchsauna-Tradition in Süd-Estland entwickelt hat.

Heute ist die estnische Sauna ein Ort der körperlichen und geistigen Reinigung und nicht zuletzt ein Ort des geselligen Beisammenseins.

Sauna ist auch und vor allem ein sozialer Ort

Foto: Tõnu Runnel, Visit Estonia


Wann geht man in Estland in die Sauna?

Obwohl es aus klimatischen Gründern logisch wäre, hauptsächlich im Winter in die Sauna zu gehen, machen Esten das zu jeder Jahreszeit. Und zwar besonders gerne samstags; da sauniert ganz Estland.

Ein Saunahaus im Winter

Foto: Rauno Liivand, Visit Estonia

Traditionell finden Sauna-Abende an Donnerstagen, an Samstagen und am Vorabend größerer Feste statt – beispielsweise am 24. Dezember, vor dem Weihnachtstag, und am 23. Juni, zum Mittsommernachtsfest, das den Johannitag einläutet. Gelegenheiten für einen Saunagang findet man allerdings immer: Familienfeiern und Jubiläen sind da genau so geeignet wie der Silvesterabend. Und die Tradition ist auch bei der Jugend beliebt: Sauna-Partys sind weit verbreitet. Und wenn man keinen Anlass hat, dann erfindet man eben einen!

Irgendein Anlass findet sich immer

Foto: Toomas Tuul, Visit Estonia

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Traditionelle Sauna-Prozeduren

Die estnische Sauna besteht oft aus einer kleinen Holzhütte, die in einigem Abstand zum Haupthaus auf dem Grundstück steht. Manchmal findet man Saunen auch im Kellergeschoss oder in einem direkt ans Wohnhaus angrenzenden Nebenraum. Das Saunieren benötigt Vorbereitung, denn sie muss vorgeheizt werden. Je nach Sauna-Typ dauert das zwei bis vier Stunden.



Das Wichtigste beim Saunagang ist der Aufguss (Estnisch: „leil"), der das Schwitzen anregt. Während der Schwitzzeit kann man sich mit so genannten Sauna-Quirlen (Estnisch: „viht" bzw. „vihad" im Plural) schlagen. Die Wirkung ist ähnlich wie diejenige einer Massage.

Saunahäuser werden gerne am Meer oder neben einem kleinen See gebaut, damit man sich zwischen den Aufgüssen abkühlen kann. Das regt den Kreislauf an.

Eiskalte Erfrischung gehört zu jedem Saunagang

Foto: Ekvilibrist, Estonian Saunas / Visit Estonia

Die Sauna-Tradition ist eine gute Antwort auf das estnische Klima. Sie stärkt die Abwehrkräfte und trägt so zur Vermeidung von Erkältungskrankheiten bei.

Laut einem alten estnischen Volksglauben darf man in der Sauna übrigens niemals streiten und auch keine Streits klären, denn das würde die guten Geister, die so etwas nicht kennen, sehr irritieren.

Die Sauna ist für Esten tatsächlich omnipräsent und spielte lange Zeit eine wichtige Rolle – im wahrsten Sinn von der Wiege bis zur Bahre: Hier wurden nämlich früher Babies zur Welt gebracht und auch Tote gewaschen.

Der berühmte Sauna-Quirl ...

... heißt eigentlich auf Deutsch nicht wirklich so. Aber wir haben eine schöne Tradition des estnischen Sauna-Experten Adam Rang aufgegriffen. Adam ist Brite, mit einer Estin verheiratet, lebt seit langen Jahren in Estland und betreibt den Blog „Estonian Saunas".

Vor einiger Zeit hat er einen ausführlichen Beitrag über das Sammeln und Binden der Zweige für eben jenes Gerät geschrieben, das wir hier „Quirl" nennen. Der „Quirl" ist eine wortgetreue Übersetzung aus Adams englischsprachigem Beitrag, denn dort erzählt er, dass ihm jemand gesagt habe, „dieses Ding" heiße auf Englisch „whisk". Er glaubte zwar nicht recht daran, fand das aber so schön, dass er sich in den Kopf gesetzt hat, den Ausdruck im Englischen zu verbreiten. Und genau das machen wir gern auch auf Deutsch!

Hier können Sie die Übersetzung des wunderbar ausführlichen Beitrages von Adam Rang über die Sauna-Quirle bei uns lesen:

Die Sache mit den Sauna-Quirlen

Die Tradition der Rauchsauna in Süd-Estland

Die Rauchsauna ist seit jeher ein wichtiger Bestandteil des täglichen Lebens im Landkreis Võrumaa, im Süden Estlands. Eine Rauchsauna unterscheidet sich in vielerlei Hinsicht von anderen Saunatypen. Sie ist mit einigen vorbereitenden Tätigkeiten verbunden, wie dem Bauen des Saunahauses selbst oder dem Sammeln von Reisig und dem Binden der Sauna-Quirle, mit denen man sich selbst oder Begleiter in der Sauna schlägt (bitte nur leicht; es geht hier nicht um Gewalt, sondern um eine Art Massage!). Zur Tradition der Rauchsauna gehört sogar das Räuchern von Fleisch.


Aber es gibt noch mehr Auffälligkeiten: Wie eine traditionelle Sauna besteht zwar auch die estnische Rauchsauna meist aus einem kleinen Haus, das mit Holz in einem gemauerten Steinofen beheizt wird.

Die Besonderheit der Rauchsauna besteht jedoch darin, dass sie keinen Schornstein hat, durch den der Rauch abzöge; er zirkuliert stattdessen während des Anheizens im Saunaraum. Bevor der eigentliche Saunagang beginnt, lässt man das Feuer abklingen und bläst oder wedelt den Rauch größtenteils aus dem Raum.

Ein traditionelles Rauchsauna-Bad ist eine echte Zeremonie und dauert mindestens drei Stunden. Oft befindet sich die Sauna in der Nähe eines Teiches oder eines anderen Gewässers, in dem Sie sich nach jedem Saunagang erfrischen können. Für ein umfassendes Erlebnis kann man sich zwischendurch mit handgemachten Duftseifen einschäumen und hausgemachten Kräutertee trinken. Die Mooska-Farm in Võrumaa bietet Gästen solche eindrücklichen Rauchsauna-Zeremonien an.

Die UNESCO hat das Phänomen der Rauchsauna 2014 in ihre Liste des immateriellen Kulturerbes aufgenommen.

Der Sauna-Marathon

Otepää in Südestland ist seit über zehn Jahren Gastgeber des Europäischen Saunamarathons. Die Teilnehmer aus Estland und anderen Teilen der Welt treten in Teams gegeneinander an und erhalten eine Karte mit den Saunen, die sie finden und in denen sie saunieren müssen. Neben dem Saunabaden ist auch das kalte Baden und das Wälzen im Schnee eine Tradition. Nachdem die Teilnehmer jede Sauna besucht haben, kehren sie innerhalb des Zeitrahmens zum Start zurück, um die Chance auf einen Gewinn zu haben und für ihre Lieblingssauna in verschiedenen Kategorien zu stimmen.

Alljährlich in Otepää: der Sauna-Marathon

Foto: Monika Otrokova, Visit Estonia


Nicht nur die Teilnehmer, sondern auch die Betreiber der einzelnen Saunen, setzen alles daran, die Stimmen der Teilnehmer auf kreative Weise zu gewinnen – einige organisieren Karaoke und Live-Bands, während andere Getränke und in der Sauna geräucherte Snacks anbieten.

Übrigens ist der estnische Film "Smoke Sauna Sisterhood" für die Oscars 2024 nominiert worden. Hier können sie sich den Trailer anschauen:



Außergewöhnliche Sauna-Erlebnisse in Estland

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