Musik in Estland

Quelle: Song Festival in Estonia

20.04.2023.

Klangwelten für Unabhängigkeit, Freiheit und Glück

Zwar liegt Estlands erster Sieg beim Eurovisions-Wettbewerb schon eine Weile zurück - der Triumph gelang im Jahr 2001. Für den Eurovision Contest in Liverpool, bei dem die 20-jährige Alika Milova am 11. Mai ihr Land mit „Bridges" vertritt, rechnet man sich aber gute Chancen aus. Musik ist hier ein zentraler Teil des Lebens. 1991 errangen die Esten mit der „singenden Revolution", die zur Unabhängigkeit des Landes führte, einen viel wichtigeren Sieg als beim Song Contest - mit der Kraft der Musik.

Musik-Weltstar und meistgespielter Komponist 
Arvo Pärt, 1935 im Herzen Estlands geboren, zählt zu den wichtigsten zeitgenössischen Komponisten und Musikern. Ab 2012 hielt er acht Jahre in Folge den Titel des meistgespielten lebenden Komponisten. In den 1970er Jahren begründete er seinen „Tintinnabuli"-Stil mit dem Werk „Für Aline". Tintinnabuli bezeichnet das Läuten des Dreiklangs, dessen Töne Pärt im Stück durchgängig einsetzt, um ein intensives Klangbild zu erzeugen. 2018 wurde 35 Kilometer von Tallinn entfernt das Arvo Pärt-Zentrum eröffnet, um sein Werk in seiner Heimat zu bewahren. Dazu gehören ein Ausstellungsbereich, eine Bibliothek, ein persönliches Pärt-Archiv, ein Auditorium und ein Café. Am 23. Mai erhält der Komponist den prestigereichen schwedischen Polar Music-Prize, der als Nobelpreis der Musik gilt. Als einer der wichtigsten Musikpreise der Welt wird er jährlich an einen klassischen und einen Pop-Musiker verliehen.

Ein kleines Land ersingt sich die Freiheit
Gesang war im Lauf der Menschheitsgeschichte kein typisches Mittel zur Revolution. Die Esten aber machten ihre traditionellen Lieder zum Werkzeug des Widerstands, an dessen Ende 1991 die Befreiung von der Sowjetunion stand. Schon die erste Unabhängigkeit 1918 war mit einem estnischen Lied begrüßt worden, das später zu Estlands Nationalhymne avancierte. In den Jahrzehnten von Sowjet-, Nazi- und neuerlicher Sowjetbesatzung wurden Estlands Lieder zum Symbol des unterdrückten Nationalstolzes. Im Sommer 1987 begannen die ersten gesungenen Proteste. Am 23. August 1989 bildeten zwei Millionen Menschen eine 690 Kilometer lange Kette durch die drei baltischen Staaten und sangen Hand in Hand ihre nationalen Lieder - eine friedliche und klangvolle Demonstration des gemeinsamen Wunsches nach Unabhängigkeit. Zwei Jahre später wurde er wahr: Am 20. August 1991 war Estland wieder ein souveräner Staat.

Stimmungsvolle und stimmgewaltige Sängerfeste
Estlands Sängerfeste zählt die UNESCO zum immateriellen Kulturerbe. Sie finden alle fünf Jahre statt und bündeln Werte, die den Esten am Herzen liegen: Liebe zu ihrer Sprache, zur Kultur und den traditionellen Bräuchen. Beim Sängerfest verdichten sie sich zu stimmungsvollen Chorgesängen, an denen sich Zehntausende beteiligen. Das erste Sängerfest fand bereits 1869 statt. Beim 150. Jubiläum im Jahr 2019 strömten siebzigtausend Esten zum Sängerfestplatz in Tallinn, um 35.000 Sänger in mehr als tausend Chören zu hören. Platz ist reichlich vorhanden, denn die Bühne fasst bis zu 26.000 Sänger, das Gelände sogar 100.000 Zuhörer. In diesem Jahr singen beim 13. Jugend-Sängerfest am 2. Juli Kleinkinder-, Kinder-, Knaben-, Mädchen- und Jugendchöre. Das Fest beginnt mit einer fünf Kilometer langen Prozession der Teilnehmer durch Tallinn und endet mit einer gemeinsamen Darbietung aller beteiligten Chöre.

Musik im Mai: Estnische Töne und italienischer Pop
Im Frühling und Sommer spielt die Musik eine Hauptrolle in Estland - insbesondere, aber nicht nur in der Hauptstadt. Vor allem in der ersten Maihälfte drängen sich die Termine. Vom 26. April bis zum 7. Mai lässt sich bei den Estnischen Musiktagen Genre-übergreifend der Puls estnischen Musikschaffens messen. Seit 1979 zählt dieses Festival mit seinem Schwerpunkt auf aktuellen Werken einheimischer Komponisten und Musiker zu den wichtigsten des Landes. Spielorte sind Tallinn, Tartu und das Arvo Pärt-Zentrum in Laulasmaa. Vom 10. bis 14. Mai lockt die Tallinn Music Week Fans aller Genres von Jazz über Hardrock bis zu elektronischer Musik in die Kapitale. Das City Stage-Programm bietet dabei täglich Gratis-Konzerte auf in der ganzen Stadt verteilten Pop-up-Bühnen. Lust auf italienischen Wohlklang? Am 9. Mai gibt der italienische Superstar Eros Ramazzotti in Tallinn sein einziges Konzert in Estland.

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