Das Estnische Kunstmuseum blickt auf eine lange und wechselvolle Geschichte zurück. Im Jahr 2019 wurde bereits sein 100. Geburtstag gefeiert – dabei ist es noch so jung, frisch und inspirierend wie eh und je. Heute besteht das Museum aus fünf Zweigen an fünf verschiedenen Standorten in Tallinn.
So richtig beginnt die Geschichte des Estnischen Kunstmuseums mit der Initiative des estnischen Malers Ants Laikmaa. Der 1866 als Kind einer armen Bauernfamilie geborene Laikmaa hatte in Düsseldorf Kunst studiert, kam zur Jahrhundertwende zurück in seine Heimat und gründete in Tallinn zunächst eine Atelierschule, aus der 1907 der erste Kunstverein erwuchs.
In den Folgejahren wurde gesellschaftlich immer wieder über die Begründung eines richtigen Kunstmuseums diskutiert. 1912/13 erwarb die Stadt Tallinn mehrere Werke des estnischen Bildhauers August Weizenberg; sie sollten – gemeinsam mit der Sammlung Laikmaas – als Grundstock des Museums dienen. Die Zeitläufte wollten es anders und die Pläne wurden durch den Ersten Weltkrieg zunichte gemacht. Im November 1919 schließlich wurde das Estnische Kunstmuseum jedoch endlich offiziell eröffnet.
Die wachsende Kunst-Sammlung hat im Laufe der Zeit mehrere Standorte gesehen – die längste Zeit war sie im Schloss Kadriorg (Katharinental) untergebracht, das auch heute Teil des Museums ist. Allerdings war das Schloss keineswegs ununterbrochen Bleibe der Schätze. Schon acht Jahre, nachdem es 1921 für den Museumszweck gewidmet worden war, musste man wieder umziehen, denn Schloss Katharinental wurde Regierungsgebäude.
Das Übergangsrefugium, das man deshalb bezogen hatte, wurde 1944 Opfer eines Bombardements und brannte samt 3.000 Exponaten komplett ab. Der größere Teil der Sammlung war allerdings rechtzeitig auf dem Land versteckt worden, so dass man nach dem Krieg mit einem Grundstock von 10.000 Werken neu starten konnte, zunächst wieder im Schloss Katharinental.
Die Suche nach einem endgültigen Standort begann – und sollte sich bis in die späten Neunzigerjahre hinziehen. Da allerdings war das Problem sehr akut geworden, denn abermals musste Schloss Kadriorg geräumt werden – diesmal wegen Baufälligkeit des Gebäudes. Verschiedene Orte in Tallinn standen zur Wahl. Das Rennen machte schließlich ein Grundstück im Stadtteil Kadriorg, auf dem Hügel ganz am Ende der Weizenberg-Straße.
Unterdessen hatten sich die Museumsaktivitäten aufgrund der andauernden prekären Raumsituation gesplittet und auf mehrere Standorte verteilt. Das ist bis heute so geblieben – auch als 2006 endlich das neu errichtete KUMU eröffnet wurde.
Heute besteht das Estnische Kunstmuseum aus fünf Zweigen an fünf Standorten: Im Tallinner Stadtteil Kadriorg befinden sich das KUMU als Hauptsitz, das Schloss Katharinental (nach gründlicher Renovierung anno 2000 wieder in Betrieb) und das Mikkel-Museum. In der Altstadt gibt es das Niguliste-Museum in der Nikolaikirche und das Adamson-Eric-Museum.
Die Museen halten jeweils eine ständige Sammlung mit unterschiedlichem Schwerpunkt vor. Im Schloss Kadriorg finden sich die Alten Meister niederländischer, deutscher, italienischer und russischer Provenienz. Außerdem westeuropäische und russische Kunst der Moderne. Das KUMU konzentriert sich zum einen auf estnische Künstler seit dem 18. Jahrhundert und internationale zeitgenössische Kunst. Im Mikkel-Museum findet sich die große Sammlung des Namensgebers Johannes Mikkel. Das Niguliste-Museum in der Nikolaikirche bietet in seiner ständigen Ausstellung sakrale Werke. Im Adamson-Eric-Museum kann man eine Werkschau des Namensgebers betrachten – des estnischen Malers Adamson-Eric, der neben der Malerei auch Kunsthandwerk betrieb.
Im Jubiläumsjahr 2019 fanden an allen fünf Standorten besondere Ausstellungen statt. Hier ein kleiner Rückblick in Galerieform: