Im Jahr 2019 beging Tallinn ein großes Jubiläum. 800 Jahre waren seit der Ersterwähnung der Stadt in schriftlichen Urkunden vergangen, denn 1219 trat Tallinn auf die Bühne der Geschichte. 800 Jahre sind ein solides Alter für die hübsche mittelalterliche Stadt und daher lohnt es sich, an ihre Geschichte zurückzudenken.
Auch wenn die ersten bekannten Siedlungsspuren auf dem Territorium der Stadt aus der Gegend Keldrimäe in der Nähe des Flusses Härjapea stammen, fehlen direkte Belege, ob diese mit der Stadt verbunden gewesen sind. Die Urgeschichte Tallinns kann jedoch mit Iru verbunden werden, wo in der zweiten Hälfte des ersten Jahrtausends eine Burg und eine Siedlung errichtet wurden, die jedoch um die Mitte des 11. Jahrhunderts aufgegeben wurden.
Später wurde auf dem Hügel, die heute Domberg (Toompea) heißt, die Burg Lyndanise errichtet (in den russischen Quellen Kolywan), die als Zentrum des historischen Landkreises Reval (Rävala) galt. Wahrscheinlich ist darauf auch der deutsche Name von Tallinn, Reval, zurückzuführen. Im 13. Jahrhundert diente sie noch nicht als ständiger Wohnort, daher musste diese Festung lediglich Schutz vor feindlichen Angriffen bieten.
Im 9.-10. Jahrhundert wurde der Handelsweg auf dem finnischen Meerbusen intensiver benutzt und daher wuchs auch die Bedeutung der Stadt Tallinn als Hafen. An der Stelle der heutigen Unterstadt existierten Anfang des zweiten Jahrtausends möglicherweise saisonale Siedlungen skandinavischer und russischer Kaufleute, doch von diesen existieren keine direkten Belege.
Die Ersterwähnung der Stadt Tallinn in den schriftlichen Quellen steht mit dem Kreuzzug des dänischen Königs Waldemar II. im Juni 1219 in Verbindung, die Informationen dazu finden sich vor allem in Heinrichs Livländischer Chronik.
An der Stelle der zukünftigen Stadt Tallinn fand am 15. Juni 1219 die Schlacht zwischen den dänischen und estnischen Truppen statt. Die Dänen haben zwar gewonnen, doch es war keineswegs einfach für sie. Die Legende erzählt, dass das Glück sich für die Dänen erst gewendet hat, als die dänische Flagge vom Himmel fiel - weißes Kreuz auf dem roten Hintergrund - Dannebrog.
Im Laufe der Zeit wurde Tallinn sowohl von dem Schwertbrüderorden als auch vom Deutschen Orden regiert. Mitte des 13. Jahrhunderts erhielt Tallinn das Lübische Recht, womit die Stadt sich dem Verband der mittelalterlichen deutschen Handelsstädte anschloss.
Am Ende dieses Jahrhunderts trat Tallinn der Hanse bei, wodurch die Beziehungen zu den russischen Kaufleuten, insbesondere aus Nowgorod, wichtig wurden. Dank dessen konzentrierte sich ein wesentlicher Teil des Güterverkehrs zwischen West-Europa und Nowgorod hierher; die Bedeutung der Stadt im Handel des östlichen Teils der Ostsee und in der Politik der Region stieg ständig. Als Blütezeit Tallinns als einer mittelalterlichen Hansestadt gilt das 15. Jahrhundert.
Die wichtigsten Tallinner Kirchen wurden im 13. Jahrhundert errichtet. Aller Wahrscheinlichkeit nach existierte in jenem Jahrhundert auf dem Domberg auch die Domschule, doch die ersten schriftlichen Erwähnungen deren stammen aus dem Beginn des 14. Jahrhunderts. Anfang des 15. Jahrhunderts wurde östlich außerhalb der Stadt ein Kloster des Birgittenrordens errichtet, das Kloster Pirita.
Im Laufe der Jahre gehörte Tallinn sowohl in das schwedische als auch in das russische Reich, die ihre Spuren in der Entwicklung der Stadt und im Stadtbild hinterlassen haben. Auf Befehl Peters des I. wurden hier mit dem Bau des Militärhafens begonnen und die Werkstätten der Admiralität gegründet, um Kriegsschiffe zu bauen und diese auszurüsten.
1805 wurden die ersten Elementarschulen Tallinns und das Gouvernementsgymnasium Tallinns gegründet. Im Jahre 1819 war die Stadt Tallinn in 7 Stadtteile geteilt, neben den Vorstädten gab es um die Stadt herum noch etwa 40 Sommergüter.
1870 wurde die baltische Eisenbahn eröffnet, die Tallinn mit Petersburg verband. Diese Zugverbindung trug zur Entwicklung des Handels und der Industrie bei. Daher nahm die Bevölkerung der Stadt im 19. Jahrhundert zu und auch die Vorstädte begannen sich zu erweitern. Seit 1888 verkehrten in Tallinn die Straßenbahnen, zunächst als Pferdebahn, die damals konka genannt wurde.
Bis zur Jahrhundertwende vom 19. zum 20. Jahrhundert war das Bildungsniveau der Esten gestiegen und auch ihre wirtschaftliche Situation verbesserte sich, dank dessen das estnische Selbstbewusstsein neuen Auftrieb bekam. 1906 wurde erstmals ein Este zum Bürgermeister gewählt: Voldemar Lender.
Die beiden Weltkriege haben in der Stadt ihre Spuren hinterlassen, die Bevölkerungszahl ging zurück und im Zweiten Weltkrieg wurden etliche Gebäude zerstört. In der Nachkriegszeit nahm die Bevölkerungszahl rasant wieder zu, die Industrie und Produktion wurden erweitert und neue Stadtteile errichtet.
Heutzutage ändert sich Tallinn als die größte Stadt Estlands rasant - es entstehen neue Straßen, es werden neue Gebäude errichtet und alte renoviert, es entstehen neue Einkaufs- und Vergnügungszentren, neue Museen und Theater. Das bunte Kulturleben der Stadt, die kontrastreiche Atmosphäre, die phantastische Altstadt und kurze Strecken locken jährlich tausende Gäste nach Tallinn.
800 Jahre sind eine lange Zeit, in der viel geschehen ist und sich eine ganze Menge verändert hat. Zum Glück kann man vieles davon heute rückblickend miterleben oder es zumindest erahnen. Das Stadtmuseum Tallinn beispielsweise stellt in mehreren Ausstellungen die Entstehungszeit der Stadt Tallinn und die gemeinsame Geschichte mit Dänemark vor.
Tallinn schläft nicht, es gibt immer etwas Neues, und um sich mit der Stadt bekannt zu machen, kann man sich an etlichen thematischen Touren mit Stadtführer, auch auf dem Fahrrad, beteiligen oder diese selbstständig unternehmen. Besonders beliebt ist beispielsweise das Angebot, das Besucher auf spielerische Weise tief ins mittelalterliche Tallinn eintauchen lässt. – Besuchen Sie uns!
Quelle: Tallinn.ee