Im Herbst 2017 machten sich einige deutsche Journalisten nach Estland auf, um Land und Leute zu erkunden und herauszufinden, was es mit den estnischen Superlativen auf sich hat. Ihr Text erschien im JournalistsNetwork unter dem Titel "The Estonian Dream" und kann dort zur Gänze gelesen werden.
"I will change the world", sagt Reelika Alunurm, Studierendensprecherin der Universität Tartu, auf die Frage nach ihrer Zukunft, und wir zweifeln keine Sekunde daran. Das Leuchten in den Augen, dieser ansteckende Enthusiasmus begegnet uns nämlich nicht zum ersten Mal in Estland. Wir schreiben Tag sechs und erfahren einiges über das zumindest laut Pisa-Studie so erfolgreiche Bildungssystem in Estland. Zum Beispiel auch, dass die estnischen Schüler bei Pisa exzellent abgeschnitten haben – dass aber auch der Konkurrenzdruck zwischen den Schülerinnen und Schülern als ausgesprochen hoch gilt.
Foto: Adrian Hartschuh, JournalistsNetwork
Die Esten sind so unkompliziert, Probleme sind Herausforderungen und kein Grund von einer Idee zurückzuschrecken, schwärmt Christoph Eichhorn. Seine Begeisterung für Estland teilt der deutsche Botschafter gleich zu Beginn unserer Reise in einem ausführlichen Hintergrundgespräch. Estland, ein junges Land, junge Regierung, voll junger Ideen, aber auch alter Probleme. Estland und die Superlative: das digital Wonderland, die Ideenschmiede, das Start-Up-Paradies, die Pisatestsieger, aber auch Estland als ehemaliger Teil der Sowjetunion, als Übergang oder Bollwerk zu Russland. Um dem auf den Grund zu gehen, besuchen wir in den kommenden sieben Tagen drei Städte: Die Hauptstadt Tallinn, Narva an der Grenze zu Russland und die Universitätsstadt Tartu.
Nach dem Besuch beim Botschafter treffen wir uns in der Telliskivi Creative City mit Journalisten und Vertretern der estnischen Zivilgesellschaft. Mit dabei ist dessen Gründer Jaanus Juss, der vor zehn Jahren aus einem brachliegenden Industriegebiet im Westen Tallinns das Kultur- und Kreativzentrum aufgebaut hat, ohne staatliche Förderung und Einmischung, wie er betont. Mit dem Konzept ist er mittlerweile auch in London gefragt. Marten Kaevats, digitaler Berater der estnischen Regierung, der vor wenigen Tagen noch mit Bundespräsident Steinmeier geplauscht hat und von dem Vorhaben berichtet, den Nahverkehr vollständig zu automatisieren zu wollen, sitzt ebenfalls am Tisch. Beide sind Anfang 30 und quillen über vor Energie.