Mein Pärnu: Chillen am Meer

Quelle: Felix Hau, Visit Estonia

Mein Pärnu: Chillen am Meer

Text:

Felix Hau


Es ist die Sommerhauptstadt Estlands: Das Seebad Pärnu an der Westküste des Landes ist im Sommer ein Hotspot für Surfer, Partypeople und Strandjünger. Unser Autor findet das toll – zieht aber die Vor- und Nachsaison vor und erzählt, was er an diesem Ort zu jener Zeit besonders mag.


Spätestens, wenn ich im Freundeskreis verkünde, dass es mich mal wieder ans Meer zieht – und zwar nach Estland –, ernte ich regelmäßig erstaunte Blicke: Strandurlaub in Estland, geht das denn überhaupt? Diese Frage habe ich nicht erst einmal gehört.

Pärnu in der Hochsaison:
Beachlife, Sonnenbad & Surferboys

Na klar geht das, und wie! Wer das volle Programm Beachlife erleben will, muss Estlands hübsche Sommerhauptstadt allerdings in der Hauptsaison besuchen. Und die ist sehr eindeutig definiert: Sie startet pünktlich zum Johannifest (23./24. Juni) und dauert exakt bis zum 31. August. In dieser Zeit steppt in Pärnu tatsächlich der Bär. Es wimmelt von Touristen – sowohl von einheimischen als auch von ausländischen –, der breite Strand ist dann richtig voll und die zahlreichen Cafés, Bars, Clubs und Restaurant sind es nicht weniger.

Hochsaison in Pärnu

Genau so schön - nur eben deutlich voller. Wer's mag, wird sehr viel Spaß haben!

Foto: Hando Murumägi, Visit Estonia

Wer Trubel mag, der sollte das wirklich mal ausprobieren – denn bei aller Ähnlichkeit mit anderen Sommerparadiesen am Meer gibt es doch zumindest einen Unterschied, und der ist typisch estnisch: Trotz des Rummels, trotz des täglich komplett vollen Strands, trotz etlicher Partys, Open Air-Veranstaltungen und einer beträchtlichen Ansammlung von Surferboys, bleibt Pärnu stets völlig entspannt und zivilisiert, ohne deshalb aber ins Gegenteil zu kippen und ein poshes St. Tropez zu sein. Herrlich!

Ich bin allerdings eher der Randsaison-Typ. Will heißen: Wenn im Sommer in Pärnu richtig was los ist, bin ich entweder schon weg oder noch nicht da – und das mit voller Absicht.

Pärnu in der Vor- und Nachsaison:
Ein hübsches Seebad für mich allein

Tatsächlich habe ich es bereits mehrfach ausprobiert: Im Mai, im (frühen) Juni und im September. Und ich kann nur sagen: Es ist ein Traum! Die Vorsaison hat gegenüber der Nachsaison den Vorteil, dass einige der Sommergastronomien bereits geöffnet sind; im September wird man diesbezüglich eher Pech haben – und zwar wetterunabhängig.

Anfang Juni noch herrlich leer: der Strand

Die Gastronomie ist bereits geöffnet, lange Nächte und herrliche Sonnenuntergänge gibt es auch schon – es ist einfach nur noch nicht so voll. Die Vorsaison in Pärnu hat etwas Paradiesisches.

Foto: Felix Hau, Visit Estonia

Natürlich begegnet man auch jetzt schon anderen Gästen, vor allem an den Wochenenden, aber es ist vergleichsweise leer, man ist auf manchem Spaziergang durch den Strandpark völlig allein und bekommt tatsächlich noch in allen Restaurants einen Tisch, ohne tagelang vorher zu reservieren.

Rein persönliche Empfehlungen:
Meine kulinarischen Tempel vor Ort

Apropos Restaurants: Davon gibt es hier etliche – in allen Preislagen und Küchenfarben. Meine Stammauswahl mag ein bisschen speziell sein, aber man wird mir nicht vorwerfen können, dass sie zu einseitig sei. Es sind im Kern drei Restaurants, die ich immer wieder aufsuche.

Die Pizzeria Steffani

Da ich eine Schwäche für die italienische Küche habe, ganz gleich, wo auf der Welt ich bin, teste ich an allen Orten auch mindestens ein italienisches Restaurant; da stellt Estland keine Ausnahme dar. Und in Pärnu war meine erste Wahl auch gleich die beste, wie man mir später von kundiger Seite zutrug: Die Pizzeria Steffani ist im gesamten Landkreis bekannt und bei Einheimischen genau so beliebt wie bei Touristen.

Terrasse der Pizzeria Steffani

Foto: Elen Juurma, Visit Estonia

Die Pizzen sind großartig, die Auswahl ist riesig und hier kann man noch Wein trinken! Estlandkundige Weinfans werden das Problem kennen: Es wird mittlerweile so gut wie überall nur noch 0,12 Liter pro Glas ausgeschenkt – und das kostet dann 9 Euro. Einzig die italienischen Restaurants bringen das einfach nicht übers Herz und stellen sich somit gegen den Trend. Sehr löblich! Die Terrasse der Pizzeria Steffani kann an einem lauen Abend übrigens auch in der Vorsaison sehr voll sein. Also rechtzeitig Hunger bekommen!

Das Café Pastoraat

Der Gastraum des Pastoraat

Foto: Café Paastoraat, Visit Estonia

Das hübsche Holzhaus, welches das Restaurant beherbergt, steht am Anfang der Fußgängerzone. Im Sommer ist die Terrasse bestuhlt. Innen wartet eine moderne Einrichtung in bestem skandinavischen Design. Gekocht wird im Pastoraat eine Fusionsküche aus dem Leckersten, was Europa von Süd bis Nord zu bieten hat.

Das Restaurant Edelweiss

Das Ding ist der Knaller! Ich bin ein paar Mal an dem Haus mit Schwarzwald-Touch in der Altstadt von Pärnu vorbeigelaufen, denn eigentlich wirkt das alles so, als bräuchte ich es – als deutscher Tourist im Ausland – gerade nicht. Irgendwann hat es mich gepackt und ich dachte: Nun schau's dir doch wenigstens mal an!

Das Edelweiss

Foto: Visit Pärnu

Und – was soll ich sagen: Das Edelweiss ist das beste deutsche Restaurant ever (deutsche Restaurants in Deutschland eingeschlossen). Das könnte eventuell auch daran liegen, dass es keine astrein deutsche Küche ist, die hier angeboten wird; dafür ist sie aber wahnsinnig lecker und die Portionen sind ziemlich üppig.

Selbstverständlich sind diese drei nicht die einzigen guten Restaurants in Pärnu, es gibt zahlreiche mehr. Gehen Sie auf Entdeckungstour und essen Sie einfach irgendwo, wo es Ihnen gefällt. Sie werden so gut wie nie enttäuscht sein.

Wo übernachten?

Pärnu ist ein Seebad und hat eine lange Wellnesstradition, weshalb es zahlreiche Hotels mit SPA-Bereich gibt. Das Flaggschiff ist nach wie vor und völlig zu Recht das gediegene Hedon SPA direkt am Strand. Zum Hotel gehört übrigens auch ein ausgezeichnetes Restaurant, das Raimond. Auch das relativ neue Wasa Resort habe ich bereits mit Genuss ausprobiert.

Das alte Badehaus verbirgt den Neubau des Hedon SPA-Hotels

Foto: Felix Hau, Visit Estonia

Mein Herz schlägt allerdings für das Rannahotel. Da ich nicht so ein großer Wellness-Fan bin, stört es mich nicht, dass dieses unmittelbar an der Strandpromenade gelegene Hotel nicht über ein eigenes SPA verfügt; dafür kann ich direkt vor der Tür ins Meer hüpfen oder zu einem Spaziergang am Strand starten.

Meine Lieblingsherberge: das Rannahotel 

Das Rannahotel liegt direkt an der Strandpromenade und ist ein architektonischer Augenschmaus.

Foto: Felix Hau, Visit Estonia

Das Rannahotel ist eine architektonische Perle aus der Epoche des Funktionalismus, wurde Mitte der Dreißigerjahre des 20. Jahrhunderts errichtet, wird bis heute mit viel Liebe zum Detail im ursprünglichen Stil erhalten und ist einfach wunderschön. Hier ein Balkonzimmer mit Meerblick zu buchen, weckt bei mir bereits solche Vorfreude, dass fast schon Urlaubsentspannung eintritt. Und das etliche Monate vor der Reise – diese Zimmer sind sehr begehrt.

Ein Ort, der zu Spaziergängen einlädt

Pärnu ist keine große, aber dafür eine sehr hübsche Stadt. In Richtung Strand prägen vor allem schöne grüne Parkanlagen das Bild. Die Altstadt ist pittoresk und lädt mit ihren sehr ansehnlichen Häusern und der vielfältigen Gastronomieszene zu längeren Spaziergängen mit mehrfachem Einkehrschwung ein.

Der illuminierte Wallgraben bei Nacht

Foto: Felix Hau, Visit Estonia

Überhaupt kann man in Pärnu sehr gut spazieren gehen. Eine meiner Lieblingsstrecken geht vom Rannahotel durch den weitläufigen Rannapark (Strandpark) bis zum Yachthafen, dann auf dem herrlichen Holzweg entlang des Flusses zurück zum Strand und dort durch den Sand wieder zum Hotel – mit Zwischenstopp in der Sunsetbar (siehe weiter unten), ich habe es ja nicht eilig.

Alternativ kann man aber auch gut eine der beiden Strecken durch einen Bummel über die Supeluse ersetzen, jener Hauptstraße, die sich vom Hedon SPA Hotel bis ins Stadtzentrum erstreckt und die in der Hochsaison für den Autoverkehr gesperrt ist. Hier gibt es etliche Restaurants und Cafés zu entdecken.

Auf der Strandpromenade gelangt man zum hölzernen Rundwanderweg durch die Küstenwiesen am Ende des Strandes. Von der kleinen Aussichtsplattform auf dem 600 m langen hölzernen Pfad kann man allerlei Vögel und Fische in einem schilfbewachsenen Feuchtgebiet beobachten.

Ausnehmend hübsch und für einen kleinen Verdauungsspaziergang bestens geeignet ist die Gegend rund um den Wallgraben mit seiner nachts anheimelnd beleuchteten Promenade und den Wasserfontänen. Hier im Park findet sich auch der gern als Fotomotiv verwendete große PÄRNU-Schriftzug.

Beliebtes Fotomotiv am Wallgraben

Foto: Felix Hau, Visit Estonia

Von der Altstadt aus kann man Pärnu entlang des gleichnamigen Flusses mittlerweile auch gen Osten auf einer schön angelegten Promenade erkunden. Hier entsteht derzeit eine komplett neue Infrastruktur mit Geschäften und Gastronomie. Am besten mieten Sie sich ein Fahrrad, radeln einfach mal die Flusspromenade entlang und schauen, was da so passiert.

Auf diesem Bild schon etwas herbstlich: die Flusspromenade

Foto: Martti Volt, Visit Estonia

Auf einen Sundowner ans Meer

Im Sommer sind an Strand und Promenade Bars geöffnet. Es kommen zu den etablierten derzeit weitere hinzu, die ich aber erst erkunden muss.

Für einen gepflegten Sundowner empfehle ich die Sunset Lounge mit ihrer Rooftopbar. Hier blickt man von oben auf den Strand und kann in bequemen Loungemöbeln den Sonnenuntergang über dem Meer genießen. Und man achte auf die dort montierte Uhr! Auf ihr ist es gerne mal viertel nach drei – ganz gleich, wann.

Nachts ist im selben Gebäude – dem so genannten Strandhaus – auch eine Clubdisco aktiv. Für eine Erfrischung während des Strandtages sorgt tagsüber direkt darunter das Sunset Beach Café.

Unten tagsüber Beach-Bar, oben Sunset Lounge und Club

Foto: Felix Hau, Visit Estonia

Und dann gibt es noch, einige Meter weiter den Strand entlang, das wunderbare ¿Que pasa?. Es befindet sich mitten in den Dünen und besteht im Kern aus einem dieser legendären alten US-Wohnwagen (Airstream Overlander) nebst Bambuseinhausung und Sitzgelegenheiten. Das ¿Que Pasa? ist eine Rum-Bar, die sich vor allem auf Mojitos spezialisiert hat und einer der Treffpunkte für alle Nachtschwärmer ist. Hier kann man die Sommernächte stilecht ausklingen lassen.


Fazit

Wenn Sie gern mal einen chilligen Strandurlaub mit echten Summer-Beach-Vibes in Estland erleben wollen, Ihnen die Hauptsaison jedoch zu überlaufen ist: Probieren Sie Pärnu in der ersten Junihälfte! Sie werden es lieben – und vielleicht treffen wir uns dort ja bei einem Sundowner.


Zuletzt aktualisiert: 27.09.2023

Thema: Westestland, Essen, Trinken & Nachtleben