Wusstest du, dass es in Estland mehr als 3000 Windmühlen und mehr als 800 Wassermühlen gab? Oder, dass im 19. Jahrhundert ein Großteil der estnischen Kartoffel- und Früchteernte zum Herstellen von Schnaps und nicht zum Essen genutzt wurde? Dass in Põltsamaa schon im 18. Jahrhundert Porzellan und in Räpina schon fast 300 Jahre Papier hergestellt wird?
Industrie ist für jeden Staat, Volk und Kultur ein wichtiger Teil. Sei es auch, dass man in Estlands Vergangenheit hauptsächlich von der Landwirtschaft gelebt hat, haben wir auch eine farbenreiche Industriegeschichte. In Estland gab es hunderte von Mühlen, Molkereien, Schnaps- und Leinenfabriken, Papierfabriken, Kraftwerke. Hier gab es Europas größte Maschinenfabriken und Schiffswerften und Baumwollmanufakturen. Die Industrie hat die Lebensumstände der Menschen und den Alltag mehr beeinflusst, als wir momentan bemerken können - um die Industrien wurden Arbeitersiedlungen mit Wohnhäusern und Geschäften, ebenso das Eisenbahnnetz gegründet. Das Leben von Tausenden konzentrierte sich dort, wo die Industrie war.
Die früheren Schnapsbrennereien, Mühlen, Fabriken und Kraftwerke sind wichtige Landmarken in Südestland, die ein neues Leben bekommen haben, indem sie spannende Geschichten erzählen und Erlebnisse und Beschäftigungen bieten.
In der Hauptstadt Südestlands - Tartu - liegt ein altes Fabrikenareal, wo zu sowjetischen Zeit Kühlgeräte, nicht funktionierende Regenschirme und Reißverschlüsse, ebenso geheime Teile für die Militärindustrie hergestellt wurden. Heute verbindet die Schöpfungsstadt Aparaaditehas kreative Unternehmer. Hier gibt es Künstlerstudios, Designerateliers, in originell aussehenden Cafes werden geschmackvolle Essen sowohl aus Estland als auch der ganzen Welt angeboten. Das bohemische Viertel der Aparaaditehas bietet coole Unterhaltung für Besucher in jedem Alter an.
In dem sich in demselben Stadtteil befindlichen Druck- und Papiermuseum kannst du auf zwei Stockwerken die Herstellung von Papier, Papierskulpturen, geschichtliche Druckerpresse, Schrifttypen aus Holz und Zinn begutachten. Wenn du möchtest, kannst du an Workshops teilnehmen und einzigartige Produkte mitkaufen, die nur im Druck- und Papiermuseum hergestellt wurden.
Die Stadt Elva im Landkreis Tartu entstand nur dank der Eisenbahn. Das heute bekannte Wanderzentrum Elva befindet sich im geschichtlichen Bahnhofsgebäude von Elva. Vom Wanderzentrum beginnen die Trimm-dich- und Wanderwege und verschiedene Geschichtsausstellungen handeln von der Geschichte des Erholungsgebietes.
Die sich im Landkreis Jõgeva befindliche Tonindustrie von Siimusti fand seinen Anfang durch einen glücklichen Zufall, als ungefähr vor 150 Jahren der russische Zar durch den Landkreis Jõgeva fuhr und den örtlichen fortschrittsgewandten Bauern die Idee gab, Gebrauchskeramik herzustellen. Die Töpferei in Siimusti gibt es schon seit drei Generationen, welche die 1886 begonnenen Produktionsbräuche fortführt und die Herstellungsprozesse der qualitativen Konsumkeramik vorstellt. Vor Ort wird in großer Auswahl Tongeschirr verkauft.
Viljandi war eine der ersten estnischen Städte, die eine Wasserwerk und Kanalisation bekommen haben. Schon 1911 wurde der 30 m hohe rote Wasserturm aus Ziegelsteinen fertiggestellt, dessen Aufgabe die Versorgung der Stadt mit Wasser war. Bis heute ist der alte Viljandier Wasswerturm mit den kleinen Fenster und dem achtkantigen Oberbau aus Holz erhalten geblieben, wo auf drei Stockwerken des Turmes eine ständige Ausstellung über die Geschichte der Stadt, zusätzlich zu den Wanderausstellungen, zu finden ist. Der Wasserturm ist ein wichtiger Teil der Silhouette der Turmstadt. Vom Turm eröffnet sich ein hervorragender Ausblick auf den Viljandi-See und die Altstadt. In der Sommerperiode geöffnet, im Winter mit Vorbestellung.
Die Wasserturmgalerie von Lasva im Landkreis Võru ist ein alter Schweinestallturm aus der Kolchosenzeit, den die beschwingten Ideen der Architektenkünstler und das Engagement der Gemeinschaft attraktiv und zu einem prämierten Objekt gemacht haben, wo eine Klaviertreppe Musik macht und die Besucher Foto- und Kunstausstellungen in einer rostigen Wassertonne genießen. In der Sommerperiode geöffnet, im Winter mit Vorbestellung.
Im Landkreis Valga funktioniert schon seit 140 Jahren eine Wassermühle. Im Mühlenmuseum von Hellenurme kannst du sehen, wie durch Wasserkraft Getreide gemahlen wird, das Himmelsmanna und Mehl gemacht wird und mit einer Müllerin aus der dritten Generation ein geschmackvolles Roggenbrot gebacken wird. Der Mühlenbesuch muss vorher angemeldet werden.
Im Landkreis Põlva, in Räpina befindet sich die einzigartigste Industrieperle Europas, die Papierfabrik von Räpina, deren Geschichte bis ins Jahr 1728 reicht. Der Hofherr von Peter I, Graf Karl Gustav von Löwenwolde baute am Fluss Võhandu die Ziegelfabrik und die Säge-, Mehl und Papiermühle, die Wasser als Kraftquelle benutzt haben. Die Räpinaer Papierfabrik, die 1734 ihren Betrieb aufnahm, ist Estlands ältestes bis heute funktionierendes Industrieunternehmen, in der bis heute Papier hergestellt wird. Der Fabrikbesuch muss vorher angemeldet werden.
Die voran angeführten Empfehlungen sind natürlich nur ein kleiner Überblick über Südestlands Industrieerbe. Lesen Sie näher: industrialheritage.travel.