Mit dem Wohnmobil durch Südestland

Quelle: Sven Zacek, Visit Estonia

Mit dem Wohnmobil durch Südestland

Text:

Iia Timmi


Unsere Autorin lebt im Süden Estlands und ist in der Region verwurzelt. Ihre Familie mütterlicherseits stammt aus Petser. Sie wird uns Wohnmobilisten hier durch eine der abwechlsungsreichsten und schönsten Regionen Estlands führen.


Über Estland wird im Allgemeinen gesagt, dass es äußerlich klein erscheint, aber innerlich groß, weit und interessant ist. Das gilt insbesondere für das relativ kleine Südestland.

Dessen Größe zeigt sich besonders in unserer Natur: Wälder, Seen, der höchste Gipfel im Baltikum, Sümpfe, Moore. Etwas Besonderes für jeden Naturfreund! Das Entdecken der Natur ist bei uns einfach – sie liegt direkt vor der Haustür –, sicher und kostenlos.

Ein Beweis für die kulturhistorische Besonderheit des Südens ist die Tatsache, dass sowohl unsere Rauchsauna-Bräuche als auch der traditionelle Gesang der Setukesen in die UNESCO-Liste des immateriellen Kulturerbes aufgenommen wurden. Nicht zu übersehen ist auch die Gemeinschaft der russischen Altgläubigen, die seit Jahrhunderten ihren Traditionen und Bräuchen treu geblieben sind.

Diese wenigen Beispiele geben eine Vorstellung vom Reichtum der Kultur unseres kleinen Gebietes.

Estland ist ein lohnendes Ziel für Wohnmobil-Urlauber

Foto: Taaniel Malleus, Visit Estonia



Aus Lettland kommend

Wenn Sie mit Ihrer Reise die Hauptstadt der Nachbarrepublik Riga erreicht haben, dann empfehlen wir Ihnen, die Richtung Riga - Pskov zu nehmen und nach 2,5 km hinter der lettisch-estnischen Grenze links abzubiegen, Richtung Haanja. In Haanja befindet sich der höchste Berg des Baltikums, der Munamägi (318 m), auf dessen Spitze sich ein Aussichtsturm mit einer wunderbaren Rundumsicht befindet. Bei gutem Wetter kann man vom Turm aus sogar die vergoldeten Kuppeln des Klosters Petseri auf russischem Territorium erspähen.
Am Fuße des Turms empfehle ich einen Besuch des Cafés Suur Muna.

Von Haanja aus nehmen Sie die Richtung nach Rõuge. Die Region Haanja-Rõuge ist die "gebirgigste" Region in Estland, unsere Straßen hier sind ganz schön kurvig!

Wir empfehlen Ihnen auf jeden Fall den Wanderweg Rõuge-Ürgoru, auf dem Sie unter anderem Wasservögel beobachten können.  Ihr Wohnmobil können Sie im Tindioru Caravan Park abstellen. Im benachbarten Pesapuu beginnt auch der Wanderweg. In der Handwerksscheune von Rõuge finden Sie eine große Auswahl an lokalem Kunsthandwerk.


Die schöne Kleinstadt Võru

Zu Ehren des hundertjährigen Bestehens der Republik Estland bauten viele Städte neue zentrale Plätze. Der Hauptplatz der Stadt Võru ist einzigartig und hat anfangs viel Unmut hervorgerufen, aber heute ist man mit dieser Lösung zufrieden.

Der Hauptplatz in Võru

Foto: Szymon Jasinowski, Visit Estonia

An einem warmen Sommertag bietet der Tamula-See mit seiner schönen Promenade die Möglichkeit zum Baden. Kinder können am Strand spielen und zwischendurch kann man sich in einem Strandcafé verwöhnen lassen.

In Võru gibt es auch viele schöne Cafés und Restaurants, zum Beispiel:

  • Pizza-Olive 
  • Caramel 
  • Eva Sushi 

Von Võru aus könnten Sie weiter nach Värska fahren, in Richtung Setumaa. Wenn Sie allerdings eine mittelalterliche Bischofsburg kennenlernen wollen, fahren Sie zunächst nach Vastseliina.


Die Region Setumaa

Die Setukesen charakterisieren ihre Kultur wie folgt: In Setumaa ist alles so wie in Estland, nur ganz anders. Das Gebiet war fast die ganze historische Zeit über Teil verschiedener russischer Staaten. Folglich sind die Setukesen orthodox, Kirchen und kirchliche Feiertage sind hier sehr wichtig.

Die Setukesen haben ihre eigene Gesangstradition – Seto leelo –, die sich sehr von der Volksliedtradition des Landes unterscheidet. Auch, was die Küche betrifft, differieren die Gepflogenheiten vor allem durch die Zubereitungsart und die Kombination von Zutaten von derjenigen in anderen estnischen Regionen.

Eine Versammlung der Setukesen

Foto: Toomas Tuul, Visit Estonia

In Setumaa empfehle ich Ihnen einen Besuch im regionalen Wasserpark oder ein paar Wellness-Stunden. Für die Behandlungen werden vor allem Heilschlamm und Mineralwasser aus der Region verwendet. 

Eine besondere Attraktion in dieser Gegend stellt der so genannte Saatse-Stiefel dar. Er ist ein perfektes Beispiel dafür, wie sich die estnisch-russische Grenze entwickelt hat. Der Saatse-Stiefel ist nämlich ein 1 Kilometer langes stiefelförmiges Gebiet, das territorial zu Russland gehört. Dieser Bereich bietet Ihnen die Möglichkeit, Russland ohne Visum zu besuchen. Allerdings darf das Gebiet nur mit dem Auto durchfahren werden, ohne anzuhalten und auszusteigen. Wir empfehlen Ihnen dringend, diese Regel zu befolgen, da Sie sonst mit einer Geldstrafe und einem Grenzverfahren rechnen müssen.

Wenn Sie einen weiteren Blick auf Russland werfen wollen, fahren Sie zum Dorf Podmotsa (geben Sie "Podmotsa tsässon" in das GPS ein, das erleichtert das Auffinden). Das Dorf befindet sich neben einem mittelalterlichen Friedhof mit Kapelle, an einem kleinen See. Früher gehörte es zu Russland, heute ist es Teil von Estland. Vom Seeufer aus sehen Sie die orthodoxe Kirche von Kulje mit blauen Kuppeln am gegenüberliegenden, russischen Ufer. Zu ihr gehört der Friedhof. Nur 100 Meter trennten die beiden Länder und Völker hier. Dies ist ein deutliches Beispiel dafür, wie sich lokale Gewohnheiten und Praktiken ändern müssen, wenn sich Grenzen verändern: Kirche auf russischer, zugehöriger Friedhof auf der estnischen Seite. 

Es gibt keine echten Wohnmobil-Campingplätze in der Gegend, aber die örtlichen Touristenhöfe nehmen auch Wohnmobilreisende auf. Der Parkplatz des Värska SPAs steht ebenfalls als Stellplatz zu Verfügung.

Wenn Sie die längere Route gewählt haben, erreichen Sie bald die Bischofsburg Vastseliina, die an der historischen Handels- und Militärstraße Tartu-Pskov liegt. Sie wurde einst als stärkste Festung Alt-Livlands gebaut.

Die Ruinen der Bischofsburg Vatseliina

Foto: Jaak Nilson, Visit Estonia


Räpina

Das nächste Ziel könnte Räpina sein - eine nette Kleinstadt mit der ältesten funktionierenden Papierfabrik Estlands, die eine der ältesten Fabriken ganz Europas ist. Einen Besuch wert ist auch das Schloss Sillapää, in dessen Erdgeschoss sich das Räpina-Museum für Heimatkunde und Gartenbau befindet. Das Schloss ist von einem gepflegten, artenreichen Park mit mehr als 600 Baum- und Straucharten, mehr als 50 Parkrosen, 30 Fliedersorten und einer unendlichen Zahl blühender Blumen umgeben.

Für Naturliebhaber empfiehlt sich ein Besuch des Naturschutzgebiets Räpina-Polder. Hier können zu den entsprechenden Zeiten bis zu 1,5 Millionen Zugvögel beobachtet werden.  Im südlichen Teil von Poldri gibt es wieder einen Aussichtsturm, den Hafen von Räpina und einen Strand.

Der Hafen von Räpina ist eigentlich ein Fischerhafen, aber auch Wassersportler sind hier willkommen und man kann Boote mieten. Es gibt zehn Stellplätze für Wohnmobile.


Wandern und Boot fahren rund um Taevaskoja

Taevaskoda ist bei den Esten einer der beliebtesten Orte des Landes. Was macht diesen Ort so besonders? Sind es die malerischen Sandsteinaufschlüsse, die vielen Legenden oder seine besondere Aura? Vielleicht finden Sie es bei Ihrem Besuch heraus ...

Hier lässt sich großartig wandern!

Foto: Kristi Kahu, Visit Estonia

Da Taevaskoja sehr beliebt ist, ist es im Sommer sehr schwierig, mit einem größeren Auto einen Parkplatz zu finden, deshalb empfehlen wir, ins benachbarte Salamaa zu fahren, wo es einen Wohnmobilstellplatz gibt, der alle Anforderungen erfüllt. Von dort aus beginnen Wanderwege, die man zu Fuß oder mit dem Fahrrad nutzen kann. Wanderkarten sind vor Ort erhältlich. Hier können Sie die Ruhe genießen, im See schwimmen, ein Kanu leihen und sich im Standup-Paddling versuchen. Auch längere Bootstouren können organisiert werden. 

Weitere Tipps für diese Gegend:

  • Das Hochmoor Valgesoo mit Aussichtsturm (8 km von Salamaa) ist eine Erkundung wert.
  • Ich empfehle auch eine Fahrt entlang der Poststraße, die zwei Museen hat und als eine der schönsten Straßen Estlands gilt. 
  • Der Gutshof Mooste gehört zu den schönsten Gutskomplexen in Südestland. 


Die Zwiebelstraße am Peipus-See

Wir fahren weiter zum Peipus-See, wo die Zwiebelstraße auf uns wartet. Der Peipus-See ist der viertgrößte See in Europa und der größte in Estland; er ist siebenmal so groß wie der Bodensee. In der Mitte des Sees befindet sich die Grenze zwischen Estland und Russland.

Der Peipus-See – Lebensborn der Altgläubigen

Foto: Aron Urb, Visit Estonia

Aufgrund des Fischreichtums des Sees wird hier seit Jahrhunderten Fischfang betrieben – und Zwiebelanbau. Es gibt überall Zwiebeln en masse. Drei Kulturen sind hier miteinander verflochten: Russische Altgläubige, baltisch-deutsche Gutskultur und estnische Bauernkultur.

Nehmen Sie sich Zeit und spazieren Sie durch die Straßendörfer Kolkja, Kasepää oder Varnja und tauchen Sie in das Flair und die einzigartige örtliche Kultur ein. Das Schloss Alatskivi ist einen Besuch wert. Auf Kunstliebhaber wartet die Galerie Voronja im Dorf Varnja.

Wir empfehlen sehr, sich mit den lokalen Geschmäckern vertraut zu machen und etwas zu essen:
- Taverne Kivi
- Kolkja Fisch- und Zwiebelrestaurant

Die örtlichen Touristenhöfe bieten zum Teil auch Stellplätze für Wohnmobile an.


In Südestland Sind Sie immer herzlich willkommen!





Zuletzt aktualisiert: 24.05.2022

Thema: Campingurlaub, Südestland